Leserbrief zu „Gendern: Muss das sein?“ in Ausgabe 140
Vielen Dank an Herrn Farag und Herrn Gräf für die in ihren Artikel gemachten Aussagen. Wir, die uns für eine deutschlandweite Initiative der „Hochschulsekretärinnen“ engagieren, möchten diese Vorlagen nicht ungenutzt lassen.
Herr Farag erwähnte in seinen drei Beispielen für einen typisch weiblichen und schlecht angesehenen Beruf die „Sekretärin“. Sekretärin ist keine Berufsbezeichnung, sondern die Beschreibung einer Position innerhalb einer Gemeinschaft. Als diese Position seinerzeit eher noch von Männern besetzt wurde, war sie auch hoch angesehen.
Die Liste der Clichés, die dieser jetzt fast exklusiven weiblichen Tätigkeit immer noch anhaften, kommt direkt aus den 1950er Jahren und ist im kollektiven (Un)Bewusstsein tief verankert: doof, hübsch und tippend mit lackierten Nägeln. Oder ins Alter gekommen, dann ist sie eher ein unbewegliches unfreundliches Monster mit riesiger Brille à la Mona in dem Disney-Pixar-Film „Monster AG“, das immer an die als unnötig und sinnlos empfundenen Vorschriften (Berichte!) erinnert.
Wie diskriminierend und einfach an der Arbeitswirklichkeit vorbei diese Verallgemeinerungen sind, wird hingegen selten mal angesprochen. Aber damit nicht genug. Versuchen sie einmal in die Suchmaschine Ihrer Wahl „Sekretärin“ und „Video“ und dann „Sekretär“ und „Video“ einzugeben (Anm. d. Red.: Wir haben der Einfachheit halber Google genommen). In einem Fall kommen pornografischen Seiten heraus, in dem anderen Fall wird über Management-Kompetenzen informiert. Ja tatsächlich, ein Sekretär ist sofort „Generalsekretär“ zumindest aber doch ein mit unglaublich wichtigen Kompetenzen ausgestatteter Managementassistent.
Schauen Sie sonst, in Fernsehzeitschriften zum Beispiel, in welchem Kontext das Wort „Sekretärin“ erscheint, wenn bei der Zusammenfassung der Filme eine als Protagonistin erwähnt wird! Für „Sekretär“ gibt es übrigens auch noch weitere Begriffe, da wären ein seltener Vogel und ein Möbelstück. Daher vielen Dank für die Erwähnung, dass die männliche und die weibliche Form nichts mit Leistung zu tun haben.
Herrn Gräf danken wir für seine Erwähnung der um 22 Prozent geringeren Bezahlung von Frauen gegenüber Männern. Auch gerade an den Universitäten spiegeln sich die gesellschaftlichen Vorurteile verstärkt durch die nun zwar etwas modifizierte Entgeltordnung, die trotzdem noch ein Relikt aus den 1970er Jahren ist. Sie ist immer noch bewiesenerweise frauendiskrimierend (es gab wissenschaftliche Untersuchungen dazu) und wird auch zudem noch oft wegen Unkenntnis, für die jeweils Betroffene möglichst ungünstig ausgelegt.
Eine gendergerechte Sprache hilft bei den Ungleichheiten da auch nicht weiter. Daher auch hier vielen Dank für die Erwähnung dieser Tatsache. So sind es über die Universitäten hinweg gesehen bestimmt mehr als 22 Prozent.
Wir behaupten, es gibt wenig Stellen, die so viel Änderungen in den letzten 30 Jahren erfahren haben, wie die der „Hochschulsekretärin“. Nicht nur die Einführung von modernen Techniken (Computer …), sondern auch die Dezentralisierung, die ansteigende Einwerbung und damit höhere Arbeitsbelastung in der Verwaltung von Drittmitteln haben die Arbeitsverteilung innerhalb der Einrichtungen und besonders die Arbeitsschwerpunkte der dezentralen Verwaltungsangestellten komplett geändert. Umso mehr als sie oftmals eine der wenigen, wenn nicht die einzigen Kontinuitäten an einer Forschungseinheit sind.
Es sind aber genau diese ständigen Änderungen und die Aufgabenvielfalt, die den enormen Reiz dieser Arbeit ausmachen – trotz allem und nicht minder, weil wir auch direkt in Kontakt mit Ihnen stehen, liebe Studierenden.
von Tanja Pfeffer-Eckel, Uni Marburg und Catherine Proux-Wieland, Uni Heidelberg
[box type=“shadow“ ]Info: Unsere Adresse für eure Meinung: post@ruprecht.de. Leserbriefe spiegeln nicht die Meinung der Redaktion wider.[/box]