4 von 5 Rupis – absolut sehenswert
Eigentlich wollten Regisseur Sebastián und sein Team einen Historienfilm über die Unterdrückung der Indios durch die spanischen Conquistadoren im 16. Jahrhundert drehen, doch dann geraten sie unerwartet in den Sog aktueller Ereignisse. In Bolivien bahnt sich ein Kampf ums Wasser an. Das wird von Wassergesellschaften kontrolliert, die darin kein Menschenrecht, sondern eine Ware sehen. Die einfache Bevölkerung, vor allem die Indios, leben aber an der Armutsgrenze und können sich daher die ständigen Preiserhöhungen nicht leisten. So kommt es zu immer heftigeren Protesten und Kämpfen mit der Polizei, die auch die Filmcrew betreffen.
Der einheimische Daniel, der eine Hauptrolle hat, ist einer der Wortführer der Protestbewegung – sehr zum Leidwesen von Sebastián und seinem Produzenten Costa, die den Film gefährdet sehen. Sebastián hat zwar Verständnis für das Anliegen der Bevölkerung, ist aber, wie sein Produzent, vor allem an einem reibungslosen Ablauf der Dreharbeiten interessiert. Doch auf Dauer kann sich das Filmteam dem Problem nicht entziehen. Immer mehr geraten sie in den Bann des Geschehens, immer häufiger finden sich Sebastián und Costa in Gewissenskonflikten wieder. Und immer deutlicher wird die Parallele von Geschichte und Gegenwart. Wie einst die Conquistadoren beuten nun die Wassergesellschaften die Menschen aus, weniger grausam vielleicht, aber beinahe ebenso rücksichtslos.
Der spanischen Regisseurin Icíar Bollaín ist mit „Even the rain – Und dann der Regen“ eine bemerkenswerte Mischung aus Drama und Actionfilm gelungen, die einen realen Hintergrund hat: Im Jahr 2000 kam es in Bolivien zum „Wasserkrieg von Cochabamba“, der durch die Privatisierung von Trinkwasser und enorme Preissteigerungen ausgelöst wurde. Es kam zu Protesten und einem Generalstreik, das Kriegsrecht wurde verhängt, sieben Menschen starben und hunderte wurden verletzt, ehe die Privatisierung rückgängig gemacht wurde. Auf dieses wenig bekannte Thema macht der Film aufmerksam. Dümpelt er anfangs noch etwas vor sich hin, so wird er nach etwa einer halben Stunde richtig gut und dann immer besser. Als Geniestreich erweist sich die Technik des „Films im Film“, die es ermöglicht, eine Verbindung von der Eroberung Lateinamerikas durch die Spanier bis in die Gegenwart zu ziehen.
Alles in allem ein absolut sehenswerter Film.
von Michael Abschlag