Ein Blick hinter die Kulissen der Organisation
Es ist der 30. April: Seit 9 Uhr stehen sie im Regen und bauen das Zelt auf. Zuerst steht nur der Bretterboden, am Nachmittag wird der Rest des Zeltes geliefert – langsam gewinnt das, worauf die Organisatoren des Heidelberger Symposiums seit Juli hinarbeiten, an Form. Wenn die rund 1000 Teilnehmer zwei Tage später für das 25. Heidelberger Symposium unter dem Motto „Übermacht“ zusammenkommen, steuert die Arbeit des Organisationsteams auf das Finale zu. Während andere Studenten an diesem regnerischen Abend in den Mai feiern, und sich nahezu alle Heidelberger auf einen Feiertag inklusive Ausschlafen freuen können, ist für die Organisatoren die Arbeit auch nach dem Zeltaufbau lange nicht vorbei.
Seit 1988 findet auf dem Uniplatz und in der Neuen Uni das Heidelberger Symposium statt. Ausgerichtet wird es vom Heidelberger Club für Wirtschaft und Kultur. Jedes Jahr organisiert ein neues Team aus Studenten die dreitägige Veranstaltung mit Kolloquien und Vorträgen. Die Planung des Symposiums dauert ein knappes Jahr, und deswegen gilt auch hier die altbewährte Weisheit der Veranstaltungsplanung: Nach dem Symposium ist vor dem Symposium.
Schon während des Symposiums versuchen die Organisatoren unter den Helfern Interessenten für das nächste Symposium zu gewinnen. Denn viele Referenten müssen sehr früh angefragt werden, wie dieses Jahr beispielsweise John Kornblum, ehemaliger US-amerikanischer Botschafter in Deutschland. Nicht nur die Planung der einzelnen Veranstaltungen benötigt einen großen zeitlichen Vorlauf, auch die Versorgung auf dem Symposium für über 1000 Teilnehmer muss geplant werden. Schließlich können sich die Besucher des Symposiums nicht nur auf inhaltlichen Input freuen. Im Eintrittspreis inbegriffen sind Frühstück, Mittagessen und Getränke. Da sich das Symposium ausschließlich durch Geld- und Sachspenden finanziert, haben die Studenten aus dem Organisationsteam mit der Spendenakquise viel zu tun. Zu den Spendern gehören regelmäßig große Unternehmen aus der Metropolregion und der Heidelberger Einzelhandel. Doch es sind nicht nur große Sachspenden, die benötigt werden. Auch die kleinen Spenden tragen zur Umsetzung und Motivation bei, wie David McLaren aus dem Organisationsteam berichtet: „Wir hatten ein Geschäft, das eine rote Rose gespendet hat – die zierte unseren Esstisch in der Küche und hat uns immer wieder daran erinnert, den Kopf hochzuhalten.“
Ein Jahr Organisation mit hohem Stressfaktor lässt sich nur mit einer ordentlichen Portion Motivation durchstehen. Leander Beinlich reizte vor allem die Planung von Vorträgen und Referenten. „So etwas habe ich noch nie gemacht. So eine Chance bietet sich sonst im Studium nicht wirklich.“ Die Arbeit im Team war für David wichtig: „Meine Motivation, das Symposium mitzuorganisieren, war nicht nur das Interesse an einer Großveranstaltung, sondern auch der faszinierende Prozess von 22 unterschiedlichen Köpfen und Vorstellungen, deren Arbeit sich zu einer ganzheitlichen Veranstaltung mit 1000 Teilnehmern zusammenfügt.“ Dieses Jahr stand das Symposium unter der Schirmherrschaft des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann sowie des luxemburgischen Ministerpräsidenten Jean-Claude Juncker. Dass das Symposium solche Größen der Politik für die Schirmherrschaft gewinnt, spricht für die Reputation der Veranstaltung. Es gehört zu den Highlights, dass renommierte Referenten teilnehmen – wie auch die Tatsache, dass das Symposium mittlerweile mediale Resonanz hervorruft. Dieses Jahr hat erstmals der SWR den Eröffnungsvortrag mit Professor Heiner Flassbeck aufgezeichnet.
Im Sommer 2012 hatten sich die diesjährigen Organisatoren auf das Thema „Übermacht“ geeinigt. Im November ging es dann richtig los: In wöchentlichen Treffen tauschten sich die Studenten über den aktuellen Stand der Planung aus. Das 22-köpfige Team besteht aus Studenten unterschiedlicher Fachrichtungen. Um die verschiedenen Aufgaben besser bewältigen zu können, herrscht Arbeitsteilung: Einige kümmern sich um Spenden, andere um Referenten oder die Öffentlichkeitsarbeit. Auch wenn es in der Vergangenheit häufiger Spenden von den gleichen Unternehmen gab, verfügen die Organisatoren über kein Spendernetzwerk, auf dass sie sich verlassen können. Gerade dieses Jahr war es lange Zeit fraglich, ob das Symposium aufgrund der Spendenlage überhaupt stattfinden kann.
Auch bei noch so minutiöser Planung kommt kurzfristig etwas dazwischen; Moderatoren für die Veranstaltungen wurden teilweise erst in den letzten Tagen gefunden. Manchmal muss man umdisponieren. Wenn die Referenten zugesagt haben, muss auch ihre Anfahrt und Unterkunft geregelt werden. Da es kein Budget für das Symposium gibt, sind die Studenten hier auf Spenden in Form von Freifahrten mit der Bahn oder kostenlosen Übernachtungen angewiesen. Jeweils zwei Studenten betreuen als Paten eine Veranstaltung für den reibungslosen Ablauf.
Die Studenten aus dem Bereich Öffentlichkeitsarbeit kümmern sich um die Bekanntmachung des Symposiums auf allen Kanälen. Dieses Jahr gab es wieder einen Wettbewerb zur Gestaltung des Symposiumsplakats, der mit 500 Euro dotiert war. Aus 60 Einsendungen wurde der Entwurf von Alexandra Grudzien, einer Jurastudentin, ausgewählt.
So arbeitsreich die vorangegangenen Monate waren, in den Wochen unmittelbar vor dem Symposium steigt die Belastung extrem. Denn das beste Programm hilft nicht viel, wenn es keine Besucher gibt – also hängen die Studenten die Plakate auf, verteilen Flyer und verkaufen Tickets vor den Mensen. Dass man sich in der Konkurrenz vor der Mensa durchsetzen kann, gehört mit Sicherheit zu den positiven Erlebnissen in diesen Tagen. Denn wenn sich selbst Verbindungsstudenten, die Freikarten für eine Party verteilen, wundern, warum das Heidelberger Symposium trotz des Eintrittspreises mehr Karten absetzen kann, hat man wohl etwas richtig gemacht. Die Organisatoren müssen neben Studium und Nebenjobs in dieser Phase jede freie Minute in die Planung des Symposiums investieren. Auf dem Symposium selbst sind sie natürlich rund um die Uhr vor Ort. Auch an anderen Stellen muss Zeit investiert werden. So gibt es tägliche feste Kontaktzeiten, in denen das Büro besetzt sein muss.
Viel Arbeit steckt auch in der Verpflegung. Diese besteht ausschließlich aus Sachspenden. Im April starteten die Organisatoren ihren großen Sachspendenlauf: Eine Woche lang fragte jeder aus dem Team in Heidelberger Geschäften an, ob sie bereit wären eine Sachspende für das Symposium zu leisten. Das können Gemüse oder Marmelade, Brot oder Getränke sein. Damit ist es allerdings noch nicht getan: Die Lebensmittel müssen gelagert, transportiert und auf einander abgestimmt werden. Denn was helfen dreißig Gläser Senf, wenn man daraus kein Essen für 1000 Personen kochen kann? Ohne Geld kann auch der Transport der Lebensmittel abenteuerlich werden. Ein Bekannter eines Organisators stellte seinen VW-Bus zur Verfügung, der die besten Jahre schon hinter sich hatte. „Wir mussten darauf achten, dass wir keine Strecken wählen, auf denen es zu steil bergauf geht – das hätte der Wagen nicht mitgemacht“, so Teresa Serrallach aus dem Team. Aber am Ende kommen die Lebensmittel doch heil auf dem Uniplatz an.
Während der Veranstaltung selbst sind die Organisatoren pausenlos eingespannt. Sie kommen frühmorgens und gehen erst am späten Abend. Zeit für ein verdientes Feierabendbier muss trotzdem sein. Der Lohn der harten Arbeit ist dann ein erfolgreiches Event: „Während des Symposiums selbst war es entspannter als erwartet – es hat alles gut funktioniert“, so Leander Beinlichs Fazit. Aber noch ist es nicht so weit, entspannt auf eine gelungene Veranstaltung zurückblicken zu können. Auf dem verregneten Uniplatz müssen zunächst die Lebensmittel und Stühle abgedeckt werden. Unter den Planen stauen sich Stühle, Marmeladegläser, Kartons voller Getränke und Blumen zur Dekoration. Das Zelt, die größte und wichtigste Sachspende, ist eingetroffen und wird unter Anleitung und Mithilfe der Verleiher aufgebaut. Und auch wenn sie nicht groß in den Mai reinfeiern können, an diesem Abend, nach dem Zeltaufbau lassen sie es sich nicht nehmen, zumindest ein bisschen auszuspannen. Noch ein Tag, dann kann das Symposium beginnen.
Infoabende zur Organisation des nächsten Symposiums finden am 20. und 23. Mai um 20 Uhr in der Luisenstraße 3 statt. Interessenten sind herzlich eingeladen.
von Madalina Draghici