[dropcap]Ist es Aufgabe des Staates, Forschung und Lehre über Religion zu finanzieren? [dropcap]
Theologie gehört seit jeher zu den klassischen Fakultäten einer Universität. Ein weltanschaulich neutraler Staat müsse Religion Privatsache sein lassen, fordern Laizisten. Adrian Gillmann, Sprecher des Arbeitskreises der Laizist*innen der SPD Heidelberg, befürwortet laizistische Politik.
NEIN! Eine theologische Fakultät in der jetzigen Fassung, die strukturell eine Anbindung an eine Sozialform „Kirche“ nicht bloß bedingt, sondern diese voraussetzt, ist eine privilegierte Finanzierung von Religion, die nicht Aufgabe eines säkularen Staates sein sollte. heologie ist derzeit, gleich wie autonom sie sich gibt, immer Strukturanteil von katholischer, evangelischer oder anderen
Kirchen. Der Staat subventioniert damit in- bis direkt bestimmte Religionen. Mit Blick darauf, dass eine kulturwissenschaftliche und komparatistische Religionswissenschaft nur mit bis zu einem Dutzend Lehrstühlen in Deutschland vertreten ist, während die Theologien hunderte von Lehrstühlen besetzen, geht es nicht um kleine Summen. In Heidelberg kommen auf circa 700 Studierende theologischer Fächer 13 Professoren. Andere Fächer können von einer derartigen Versorgung und Betreuungsrelation nur träumen. Weshalb leistet sich der Staat konfessionelle Theologie? Eine andere theologische Forschung, die überkonfessionell oder interreligiös gedacht wird, steht auf einem anderen Blatt. Weshalb finanzieren die Religionsgemeinschaften ihre Theologien nicht selbst oder wird nicht über kooperative Modelle nachgedacht, die diesen Namen auch verdienen? Was macht Theologie mehr als Altphilologie, Geschichte und Religionswissenschaft? Geht es allein um die Versorgungsansprüche von Akademikern, die eine gute Lobbyarbeit betreiben? Religionen stehen unter dem Generalverdacht der Radikalisierung oder des Fundamentalismus, wenn sie ohne eine staatlich finanzierte Theologie oft als unfähig betrachtet werden den eigenen Glauben zu reflektieren.
Der Staat wird zum Finanzier eines Anspruches an Wissenschaft und Methode, der in den Religionen grundsätzlich nicht zu finden sein soll. Ohne staatliche Theologie keine staatskonforme Religion? Dies geht oft nahtlos in eine funktionalistische Sichtweise über, wenn theologischen Fakultäten die alleinige Kompetenz im Umgang mit Religionen zugesprochen wird. Die theologische Forschung wird auf Ethik, Dialogtheologie und einen vermeintlich sozialen Nutzen reduziert. Theologie wird zudem zum vermeintlichen Hort bis Wertstoffhof besonderen kulturellen Gedenkens, wenn Europäische Religionsgeschichte auf Christentums- bis Kirchengeschichte verengt wird und die eigene Nation wie Kultur(en) unter eine solche Deutung gestellt werden. Nicht zuletzt schläft es sich besser, gerade in Rechts- wie Medizinwissenschaft, wenn die Theologie noch ein wenig den Glauben an eine transzendente oder metaphysische Ordnung aufrecht erhalten darf. Wird das der theologischen Forschung und den Wissenschaftlern gerecht? Mit der staatlichen Finanzierung von strukturell-konfessioneller Theologie wird diese doppelt korrumpiert: Auf der einen Seite müssen staatliche Ansprüche erfüllt werden, auf der anderen Seite regieren die Religionsgemeinschaften und vor allem die Amtskirchen mit hinein in die Universität. Das bekommen Theologen mitunter am eigenen Leib zu spüren, wenn es um die Besetzung von Lehrstühlen geht, siehe Hasenhüttl und Lüdemann. Die Politik ist da schnell mit dem Latein am Ende, verbleibt eben bei dem Verdacht, dem Funktionalismus und dem schlechten Gewissen. Laizisten kritisieren diese Verhältnisse und fordern das Ende dieser staatlich geförderten Korruption von Religion wie Wissenschaft. Eine staatliche Finanzierung von Theologie ist dann Staatstheologie oder Ideologie, wenn nicht auch die wissenschaftliche Lobbyarbeit, die Versorgungsinteressen bis hin zu Religionslehrern und die negativen Folgen für das Arbeitsrecht und die Arbeitsverhältnisse kritisch betrachtet werden. Staatsaufgabe ist es pädagogische, kulturelle und wissenschaftliche Arbeit zu finanzieren, aber nicht religiöse Strukturen. Nicht einmal Wissenschaftsreligiöse! Die Entscheidung in Bezug auf die Einrichtung von theologischen Zentren für Islamische Studien setzt diese problematischen Verhältnisse nur fort. Jeder Religion oder Weltanschauung eine Theologie auf Staatskosten? Das wäre wenigstens fair, aber eine säkulare, multireligiöse und plurale Gesellschaft sollte mehr Vertrauen, Autonomie der Überzeugungen und der Wissenschaft – kurz laizistische Politik – wagen.
Eine Stellungnahme von Adrian Gillman