So viel brasilianische Literatur wurde schon lange nicht mehr ins Deutsche übersetzt. Dies hat der fünftgrößte Staat der Erde der Frankfurter Buchmesse zu verdanken. Mit deutschen Übersetzungen von 50 brasilianischen Romanen und 20 Anthologien erlebte der sonst eher kleine Markt brasilianischer Literatur einen Höhepunkt in Deutschland.
Durch deutsche Übersetzer wie Marianne Gareis, Karin von Schweder-Schreiner oder Michael Kegler wurden brasilianische Bücher wie „Geschwister des Wassers“ von Andréa del Fuego „Vergessene Milch“ von Chico Buarque, oder „Tagebuch eines Sturzes“ von Michel Laub erst in Deutschland bekannt. Zwar ist kein brasilianisches Buch, das übersetzt wurde, auf die Bestsellerliste gekommen, jedoch ist das Interesse an brasilianischer Literatur gestiegen. Es muss sich allerdings erst noch zeigen, ob die Nachfrage bestehen bleibt oder sinkt. Dieses Jahr konnten sich die 25 professionellen Übersetzer für Literatur aus portugiesischsprachigen Ländern sicher nicht über zu wenig
Arbeit beschweren. Geht die Nachfrage jedoch wieder zurück, müssen sich viele Literaturübersetzer wieder von einem schlecht bezahlten Einzelprojekt zum nächsten hangeln. „Literaturübersetzer leben am Rande des Existenzminimums“ heißt es nicht nur im Börsenblatt. Aber verdienen Literaturübersetzer so schlecht?
Michael Kegler, Übersetzer portugiesischsprachiger Literatur, sagte dazu im Gespräch mit ruprecht: „Natürlich sind die 20 Euro, manchmal 25, die man ungefähr pro Seite bekommt, relativ wenig. Andererseits müsste man sich sowieso einen anderen Beruf suchen, wenn man damit nicht zufrieden ist. Ich weiß, wie schlecht sich Bücher verkaufen, also leben und leben lassen.“ Wie lange ein Übersetzer für eine Seite braucht, das hängt von dem jeweiligen Buch ab. Mal dauert es eine Stunde, mal anderthalb. Die Frage nach der angemessenen Bezahlung eines Literaturübersetzers wird seit Langem kontrovers diskutiert. Im Oktober 2009 hat der BGH ein Urteil zur angemessenen Übersetzungsvergütung gesprochen. Unter anderem sollen Übersetzer für literarische Werke ab dem 5.000 Exemplar eines übersetzten Werkes eine zusätzliche Vergütung beanspruchen können. Außerdem sollen sie am Erlös beteiligt werden, wenn der Verlag Dritten das Recht zur Nutzung des übersetzten Werkes einräumt. Ob jeder Verlag diese Leit- und Richtlinien umsetzen kann, ist fraglich. „In der Verlagsbranche gibt es wenig Geld“, sagte Frank Wegner, Lektor beim Suhrkamp Verlag, im Gespräch mit ruprecht. Lektoren, die dafür zuständig sind Übersetzungen auszuwählen, verdienen trotz exzellenter Ausbildung verhältnismäßig wenig. Vom Autor, der oftmals noch weniger als der Übersetzer verdient, ganz zu schweigen. Eine angemessene Übersetzungsvergütung ist also einerseits die Vergütung, von der ein Übersetzer leben kann und andererseits die, die sich der Verlag leisten kann. Andrew Jenkins, Dozent am Institut für Übersetzen und Dolmetschen in Heidelberg, sagte zusammenfassend „Man kann nicht so viel Geld verlangen, wie man Arbeit hineinsteckt.“
Um sowohl Übersetzern als auch Verlagen unter die Arme zu greifen, vergibt der DÜF, Deutscher Übersetzerfonds, Stipendien an Übersetzer, die literarische Werke ins Deutsche übertragen. Es werden beispielsweise Reisestipendien oder Stipendien für die persönliche Weiterbildung angeboten. Der DÜF sowie auch Frank Wegner sehen den Übersetzer als Künstler. Genau wie andere Künstler müssen auch Übersetzer gefördert werden, denn ohne sie gäbe es keine Weltliteratur.
von Sandra Hadenfeldt