180 Hektar samt Wohn- und militärischen Zweckbauten fallen Heidelberg zu und müssen neu gestaltet werden
Es ist fast eine kleine Stadt, die Heidelberg dazubekommt: um die 180 Hektar Land mit Straßen, Parkplätzen und Hallen, Wohnhäusern, Kirchen, Schulen, Turnhallen und Sportplätzen. Durch den Abzug der Amerikaner fallen ihre Flächen an die Stadt Heidelberg – ein Gebiet doppelt so groß wie die Altstadt, verteilt auf fünf Areale. Das Kleinste davon umfasst nicht einmal zehn, das Größte fast hundert Hektar. Militärische Zweckbauten sind dabei, aber auch Wohnsiedlungen und Freiflächen. Die Stadt kümmert sich nun um die zukünftige Nutzung dieser Flächen. „Konversion“ wird diese Umwandlung zur zivilen Nutzung genannt.
Kurz nach dem Abzug der US-Armee kaufte das Studentenwerk die Kaserne am Holbeinring von der Bundesanstalt für Immoblienaufgaben (BImA) und wandelte sie in ein Studentenwohnheim um. Auch die übrigen Flächen sollen für bezahlbaren Wohnraum, aber auch für Gewerbe, Forschung oder als Erholungsflächen genutzt werden. Im Süden Heidelbergs befinden sich das „Mark Twain Village“ und das „Patrick Henry Village“. Beide waren Wohnsiedlungen, weshalb es dort besonders viel nutzbaren Wohnraum gibt. Im Mark Twain Village etwa finden sich große Wohnblöcke. Das 97,2 Hektar große Patrick Henry Village in Kirchheim ist die größte Konversionsfläche und etwa so groß wie die übrigen vier zusammen. Es ist so etwas wie eine eigene amerikanische Kleinstadt in Heidelberg, mit Einfamilienhäusern, Wohnblöcken und Grünflächen.
Die Bürger und der Bürgermeister gründen Initiativen für einen günstigeren Wohnraum
Beide zusammen bieten um die 2300 Wohneinheiten. Die direkt an das Mark Twain Village angrenzenden Campell Barracks wurden als Teil der einstigen Großdeutschlandkaserne bereits Ende der 1930er Jahre errichtet. Die Patton Barracks bestehen dagegen vor allem aus militärischen Zweckbauten, ebenso wie das US-Hospital und das Airfield. Das „Community Support Center“ am Czernyring und die „Radio Relay Station“ auf dem Königsstuhl sind nicht von der Konversion betroffen. Ersteres gehört zur Bahnstadt und fällt unter deren Planung, letztere wurde der Bundesrepublik übertragen und wird wohl künftig dem zivilen Funkverkehr dienen.
Eines der wichtigsten Ziele der Konversion ist die Schaffung von günstigem Wohnraum. Bereits im April hatten sich auf Initiative des Oberbürgermeisters Eckhart Würzner fünf Wohnungsbaugesellschaften und zwei Genossenschaftsbanken zum „Bündnis für Wohnen“ zusammengetan, dass sich für bezahlbaren Wohnraum einsetzen soll. Andere Gruppen wie etwa der Mieterverein, „Bürger für Heidelberg“ oder „hd-vernetzt“ vertreten die Bürgerschaft. Sie haben noch große Bedenken – etwa, dass ohne einheitliches Konzept vorgegangen, und vor allem, dass die Interessen der Bürger letztlich doch wirtschaftlichem Profitstreben geopfert werden. Statt einen festgesetzten Mietpreis einzuhalten, könnten dann die Stadt oder private Investoren die Mieten angesichts des Bedarfs an Wohnraum in Heidelberg in die Höhe treiben.
Der „dialogische Planungsprozess“ soll Bedenken der Bürger zerstreuen
Um solche Bedenken zu zerstreuen, verspricht die Stadt einen „dialogischen Planungsprozess“ mit Bürgerbeteiligungsverfahren zu allen Zeitpunkten der Planung. Tatsächlich wurden bereits mehrere Bürgerforen abgehalten. Es gibt zudem einen Entwicklungsbeirat, dem auch Bürgervertreter angehören. Gemeinsam hat man Leitlinien der Konversion festgelegt, denen auch die BImA zustimmte: Neben Wohnraum für unterschiedliche soziale Gruppen gehören auch Lebensqualität, eine gute und ökologische Verkehrsanbindung, Freiräume und Standorte für Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur dazu.
In einer zweiten Phase sollen nun gemeinsam konkrete Entwicklungsszenarien ausgearbeitet, in einer dritten ihre Umsetzung betrieben werden. Die letzte Entscheidung liegt allerdings in allen Fragen beim Heidelberger Gemeinderat. Noch lässt sich kaum sagen, wie Heidelberg aussehen wird, wenn die Konversion abgeschlossen ist. Jedenfalls ist sie ein Großprojekt, eines, das Heidelberg in seiner Flächenstruktur mehr verändert als alles zuvor. Das ist eine große Herausforderung – aber auch eine große Chance.
von Michael Abschlag
[box type=“info“ ]„Konversion“ meint im Bereich Stadtplanung und -entwicklung die Nutzungsänderung von Flächen und Gebäuden. Eine Konversion steht für die Heidelberger Areale an, welche die amerikanische Armee nach ihrem Abzug zurücklassen hat. Der Abzug soll bis 2014 abgeschlossen sein. Die Flächen sind nach den Rechtsvorschriften in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland übergegangen, zur Behörde „Bundesanstalt für Immobilienaufgaben“ (BImA). Die Stadt Heidelberg hat dann von ihrem kommunalen Erstzugriffsrecht Gebrauch gemacht und die Flächen zum Großteil erworben. Die Weiterveräußerung wird durch die Konversionsgesellschaft „Heidelberg mBH“ organisiert. Die Planung der Konversion wurde in drei Phasen aufgeteilt. Die erste findet seit 2011 statt und beinhaltet das Zusammentragen und Bewerten von Ideen. In Phase zwei, die seit 2012 läuft, findet die Planung für die Standorte und ihre Umgebung statt, sowie das Zusammenführen zu einem integrierten Entwicklungskonzept. In der dritten Phase seit Anfang diesen Jahres werden die Planungen umgesetzt. In allen Phasen sollen die Bürger einbezogen werden, zum Beispiel in Bürgerforen und -initiativen. Die betroffenen Flächen sind das Patrick Henry Village, das Airfield, die Patton Barracks in Kirchheim, die Campbell Barracks und das Mark Twain Village auf zwei Dritteln der Fläche der Südstadt sowie das Hospital in Rohrbach. von Monika Witzenberger[/box]
Es könnte eine Straße den Namen des weltbekannten amerik.dirigenten und Komponisten
Leonhard Bernstein
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