„Ich hinterlasse Botschaften auf Plakaten oder Zetteln im öffentlichen Raum. Oft kommentiere ich mit meinen Plakaten die Umgebung, an der ich sie platziere.“ So beschreibt die Heidelberger Plakatkünstlerin „Barbara.“ ihre Arbeit.
Seit Februar gibt es die Seite „Barbara.“ auf Facebook. Hier teilt die Künstlerin fast täglich Fotos ihrer neuesten Plakate, die sie überall in Heidelberg aufhängt. Seither kann sie über 17.000 „Gefällt mir“-Angaben verzeichnen. Ihre Bilder werden kommentiert, geteilt und geliked.
In ihrer Facebook-Info schreibt sie: „Ich hab was zu sagen.“ Im Interview erläutert Barbara dazu: „Ich liebe es, meinen Gedanken und Ideen Ausdruck zu verleihen. Das Internet spielt dabei auch eine Rolle. Indem ich Fotos meiner Arbeiten veröffentliche, erhalte ich Feedback. Das bedeutet, dass sich Menschen mit meinen Überlegungen auseinandersetzen. Das bedeutet mir sehr viel.“
Dass die Bedeutung sozialer Medien für die Verbreitung von Streetart zunimmt, ist unbestreitbar. Ein Musterbeispiel ist die Facebook- Fanseite „Streetart in Germany“, auf der täglich diverse Fotos unterschiedlichste Arten von Straßenkunst dokumentieren, von Graffiti bis Knit Art, bei der Denkmäler, Bäume oder Laternen „eingestrickt“ werden. Über eine Millionen Fans hat die Seite. Renommierte Zeitungen wie Der Spiegel, Die Welt oder das Zeit Magazin greifen den Trend online auf. Barbaras Bilder erreichen so ein breites Publikum.
Gleichzeitig ermöglicht das Web Künstlern, ihre Bekanntheit zu steigern, ohne ihre Anonymität aufzugeben. In einem Post legt Barbara dem erfolgreichen Straßenkünstler „Banksy“ den Satz in den Mund: „Nobody knows who I am. Except the NSA.“ Ihre Plakate, die häufig schlicht in schwarz-weiß auf DIN A4 gedruckt sind, kritisieren mal die Kirche, prangern Imageschäden der FDP an, gesellschaftliche Missstände, die Bild-Zeitung, Fastfood-Ketten oder Discounter. „Der öffentliche Raum ist voller Botschaften, Schilder, Leuchtreklamen. Alle sprechen zu mir und manche provozieren mich. Das ist eine unerschöpfliche Inspirationsquelle.“ Häufig nutzt sie bestehende Motive wie Verbotsschilder oder Wandschmierereien und verändert deren Aussage, indem sie entscheidende Stellen überklebt und ergänzt.
Ziemlich links-alternativ, etwas anarchistisch, auf jeden Fall gegen Vorurteile, Rassismus, Faschismus und überhaupt für mehr Liebe gibt sich die Künstlerin. Der Tenor muss jedoch nicht gesellschaftskritisch sein: „Jahrelang hab ich mein Liebesleben vernachlässigt, um einem Klempner bei der Suche nach seiner Prinzessin zu helfen“, ergänzt das Bild von Mario, der unter einer Abwasserröhre klebt. Viele Posts erinnern an „9GAG“-Beiträge. Sie zeigen, dass Barbara trotz politischen und gesellschaftlichen Dimensionen, in erster Linie künstlerisch ambitioniert ist. Auch wenn ihr „der Stempel Künstlerin“ nicht so wichtig ist. Solche Interpretationen ihrer Arbeit überlasse sie lieber den Betrachtern.
Am härtesten werden „Plakate ankleben verboten“-Schilder von der Plakate-Flut getroffen. Diese seien für eine „Plakatekleberin“ natürlich eine Provokation, der sie spielerisch begegnen wolle. Damit, dass Streetart häufig illegal ist, haben nicht nur Graffiti-Künstler zu kämpfen. Genau genommen handelt es sich bei Barbaras Kunstwerken um „widerrechtlich im öffentlichen Verkehrsraum aufgehängte Plakate“. Darauf stehen theoretisch Bußgelder. In fortgesetzten Fällen kann die Stadt Heidelberg eine straßenrechtliche Untersagungsverfügung erwirken. Auch wenn dies in der Praxis kaum vorkommt, die Kunstwerke haben nur eine geringe Lebensdauer, da sie meist kurz nach Ihrem Entdecken entfernt, übermalt oder gesäubert werden.
Die Künstlerin gibt dazu die Auskunft, dass „die Sachschäden, die Streetart manchmal anrichten kann, […] deutlich harmloser als die menschenschädigenden Botschaften seien, die überall in großen Buchstaben auf uns einprügeln“. Als problematisch sieht sie beispielsweise Werbung für Zigaretten und Fastfood an. „Leute, die sich dagegen wehren, leisten in meinen Augen einen wichtigen Dienst an der Gesellschaft. Manche Firmen oder Konzerne, die das Geld dafür haben, missbrauchen den öffentlichen Raum für ihre schädlichen Botschaften. Das sollte nicht alles hingenommen werden“, begründet Barbara ihre Kunst. Außerdem hat ja niemand die Absicht, ein Plakat anzukleben.
von Janinia Schuhmacher