In einer Sonderausstellung widmete sich das Ludwigshafener Wilhelm-Hack-Museum dem Thema „Liebe“. Ein Streifzug durch die zeitgenössische Kunst
Was ist Liebe? Eine Frage, mit der sich Dichter, Künstler und Philosophen seit Jahrtausenden beschäftigen. Für Goethe war sie lebensnotwendig, für Tizian war sie verkörpert durch die Gestalt der Venus und schon Aristoteles versuchte sich an einer Definition, in der er die Liebe als eine Tugend zwischenmenschlichen Verhaltens beschrieb. Was wir am ehesten wissen ist, dass es auf diese Frage keine allgemein gültige Antwort gibt. Zu breit gefasst ist der Begriff und zu schnell sein Wandel in verschiedenen Zeiten und Gesellschaftsformen.
Die Kuratoren Barbara J. Scheuermann und Cathrin Langanke beschäftigten sich mit dieser Frage im Wilhelm-Hack-Museum in Ludwigshafen. Jedoch nicht, wie man vermutet, mit alten Gemälden, auf denen schöne Jungfrauen sich räkeln und Mars und Venus Erotik symbolisieren. Diesmal auf eine moderne Art, sowohl im Umgang mit dem Thema, als auch in dessen Ausgestaltung. „Liebe kommt in der zeitgenössischen Kunst zu kurz“, sagt Scheuermann. Sie habe wohl keinen Platz zwischen den politischen und gesellschaftskritischen Themen.
24 Künstler stellten 26 Werke aus. Darunter Fotografien, Skulpturen, Gemälde, Objektinstallationen und Video- und Audiopräsentationen. Allein die zahlreichen Umsetzungsformen zeigen, wie facettenreich das Thema Liebe ist. Die Künstler gehen in ihren Werken nicht nur auf verschiedene Liebesarten ein, sondern auch auf die unterschiedlichsten Emotionen. Sie arbeiten mit Sehnsüchten, Zuneigung, Erotik, den schönen Gefühlen – aber auch den negativen Ausprägungen, wie Neurosen, Abhängigkeit und Gewalt. Sie nutzten die Energie ihrer Gefühle und wandelten sie in Kunstwerke um.
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FOTOSTRECKE Eindrücke von der Ausstellung „Liebe“ im Wilhelm-Hack-Museum. (Alle Fotos von: Merlin Bauer / VG Bild-Kunst, Bonn)
Zu den ausgestellten Künstlern zählten unter anderem Maria Lassnig, Marina und Ulay Abramović, Robert Indiana, Louise Bourgeois und Tracey Emin. Die Ausstellung zeigte eine Gegenüberstellung von Liebespaaren heute und vor vierzig Jahren. Alle wurden vor einem weißen Hintergrund in der gleichen Einstellung fotografiert. Sie regen zum Nachdenken über Klischees und Oberflächlichkeit an.
Man ging vorbei an übergroßen Kamasutra-Figuren, an Videokabinen mit Erotik-Filmen und Gewalt-Szenen. Den wohl imposantesten Beitrag lieferten Marina Abramovic und ihr damaliger Mann Ulay. Ihr Werk „Breathing in, breathing out“ zeigt die beiden, wie sie zehn Minuten lang ihre Münder aufeinander pressen und nur die Luft des anderen atmen. Ihre Nasen sind dabei mit Zigarettenfiltern verschlossen. Die Ausstellung wäre jedoch sehr einseitig geworden, hätte sie nur die Liebe zu einem anderen Menschen thematisiert. Im Vordergrund standen noch die Liebe zu sich selbst, zu einem Kind oder einer Stadt. Das Spiel mit unterschiedlichen Assoziationen, dem sich kein Besucher entziehen konnte, vermittelte jedem individuelle Eindrücke.
Begleitet wurde die Ausstellung von einem bunten Rahmenprogramm, wie einer Liebesliedernacht in ganz Ludwigshafen oder einem Tag, an dem die Möglichkeit bestand, sich zwischen den Kunstwerken trauen zu lassen. Einen Einblick in uns fremde Rituale konnte man durch Köken Erguns Film „Wedding“ bekommen. Dieser dokumentiert die Hochzeitsfeiern verschiedener kurdischer und türkischer Migranten.
Zum Abschluss des Rahmenprogramms hatte der Hack-Museumsgarten noch die Idee, die Liebe zum Gärtnern und der Natur umzusetzen, indem man eine lange Tafel aufbaute, zu der jeder, der Lust hatte, etwas zum gemeinsamen Feiern beitragen konnte.
Von Maren Kaps