Die Ergebnisse des Hochschulfinanzierungsvertrags sind in Eckpunkten beschlossen. Allem voran steht eine bedeutungsschwere Namensänderung.
Seit Oktober letzten Jahres stehen Landesregierung und Landesrektorenkonferenz (LRK) offiziell in Verhandlung über den 2015 anlaufenden Hochschulfinanzierungsvertrag. Noch im Mai regten sich Proteste, initiiert durch die LRK, Rektorate und Studenten. Besonders der landesweite Aktionstag unter dem Motto „Weiter sparen heißt schließen – Universitäten in Not“ zog große Aufmerksamkeit auf das Thema.
Nun sind erste Ergebnisse erreicht. „Perspektive 2020“ heißt der neue Vertrag. Durch die Namensänderung möchte die Landesregierung sich von den vorher „Solidarpakt“ genannten Finanzierungsverträgen abgrenzen. Diese verlangten vor allem den Hochschulen Solidarität in Form von Verständnis für Sparmaßnamen des Landes ab. Stattdessen würden nun Perspektiven auf eigene Schwerpunktsetzung und freieres Agieren der Hochschulen eröffnet, so Theresia Bauer (Grüne), Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst. Diese Handlungsfreiheit soll sich besonders durch eine dynamische Anhebung der Grundfinanzierung um jährlich drei Prozent ermöglichen. Zudem sollen Bausonderprogramme gefördert werden und die steigenden Energiekosten Berücksichtigung finden. Damit wird den Kernforderungen der LRK weitgehend entgegengekommen.
Hans-Jochen Schiewer, Rektor der Universität Freiburg und Vorsitzender der LRK zeigt sich zufrieden: „Zu Beginn der Verhandlungen standen noch Kürzungsüberlegungen und Deckelungen der Personalkosten im Raum. Wir sind froh, dass es stattdessen einen Zuwachs der Landesfinanzierung geben wird.“ Ministerin Bauer betont darüber hinaus: „Dies ist ein starkes Bekenntnis zum Wissenschaftsstandort Baden-Württemberg.“
Auch in Heidelberg waren vorab dramatische Bilder entworfen worden. Rektor Bernhard Eitel betonte damals im ruprecht-Interview (ruprecht-Ausgabe 150): „Wir fahren 280 gegen eine Wand.“ Jetzt scheinen die Ergebnisse den Bedürfnissen der Hochschulen entgegenzukommen. Eitel relativiert die zuvor erklärte Ausweglosigkeit: „Wir können nun mit vorsichtigem Optimismus in die Zukunft blicken, doch aufatmen können wir noch nicht.“ Dazu seien die konkreten Auswirkungen auf die Universität Heidelberg abzuwarten. Seit Mitte September finden jene Detailverhandlungen zur Verteilung der Finanzmittel auf die unterschiedlichen Hochschularten und die Festsetzung entsprechender Gegenleistungen statt. Noch diesen Herbst sollen die Verhandlungen laut Landesregierung abgeschlossen sein. Bei aller Zufriedenheit bleibt Schiewer dennoch kritisch. Es handle sich bei den Neuerungen eher um einen Ausgleich der Defizite aus den vergangenen Jahren.
Ein Dorn im Auge der Rektoren ist zudem die ab 2020 greifende Schuldenbremse. Während Ministerin Bauer den Vertrag als klares Signal auch für die Zeit nach 2020 bewertet, äußert Schiewer Bedenken: „Das wird uns absehbar vor unangenehme Alternativen stellen, wenn man das Studienplatzangebot nicht abbauen will: den Finanzierungsbedarf der Hochschulen durch höhere Steuern oder durch Studiengebühren zu sichern.“ Auch bundesweit ist die Diskussion darum erneut entflammt. Besonders seit der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz Horst Hippler sich für die deutschlandweite Etablierung von „nachgelagerten Studiengebühren“ ausgesprochen hatte – ein Konzept, demzufolge gut verdienende Absolventen nach an sich kostenfreiem Studium einen Teil ihres Einkommens zurückbezahlen sollen. Ministerin Bauer wehrt sich gegen die Wiedereinführung der 2012 abgeschafften Gebühren: „Die Idee der ‚nachgelagerten‘ Studiengebühren überzeugt mich schon allein organisatorisch nicht: Wie sollten die Unis von ihren Alumni Geld eintreiben?“
von Christina Deinsberger
[box type=“shadow“ ]“Perspektive 2020″ ist der Name des neuen Hochschulfinanzierungsvertrags, der im Januar 2015 in Baden-Württemberg anlaufen wird. Zentrale Einigungen bestehen in folgenden Punkten:
• Anhebung der Grundfinanzierung um jährlich drei Prozent
• 100 Millionen Euro pro Jahr zur Einrichtung von Bausonderprogrammen
• Berücksichtigung der steigenden Energiekosten und Ausgleich der entgangenen Steigungsraten[/box]
Dieser Artikel ist leider etwas zu optimistisch. Dass Eitel Gelder eingetrieben hat, um den Strom und Großbauprojekte zu finanzieren, ist natürlich für die Universität Heidelberg super. Allerdings fließen die Gelder nicht einfach so in die Kasse der Uni, sondern mit einem riesigen Nachteil: die Abschaffung der Qualitätssicherungsmittel (ja, das Geld, was die jetzige Regierung als Ersatz für die Studiengebühren eingesetzt hat und worüber Studenten mitbestimmen dürfen). Die Studierende werden nur noch über 20 Prozent der jetzigen Gelder beziehungsweise 20 Millionen Euro für ganz Baden-Württemberg entscheiden dürfen (die genaue Zahl ist noch unklar), der Rest geht in die Grundfinanzierung der Uni Heidelberg, das heißt Eitel verfügt erstmal darüber. Wie viel am Ende dann bei den Instituten ankommt, ist alles andere als geklärt, und die meisten Institute gehen von schrecklichen Nachrichten aus. Plus da ist noch diese Sache mit der Mitbestimmung, die die Grünen in der Kampagne, die sie an die Macht brachte, so wichtig fanden. Außerdem wären die Gelder nicht mehr an der Anzahl der Studierenden gebunden, was über Zeit ein Verlust darstellt – und an der Verbesserung der Lehre (oder, wie es in vielen Instituten ist, an der „Erhaltung“ der Lehre) wären sie auch nicht mehr gebunden. Die Fachschaften, hochschulpolitischen Gruppen, Studenten und letztendlich der StuRa wollen es verhindern. Wir haben den Bündnis „#IchBrauchDieQSM“ gegründet, was in den nächsten Wochen mit Unterstützung anderer Verfassten Studierendenschaften in Baden-Württemberg eine Petition und mehrere Informations- und Aktionskampagnen anfangen wird. Bleibt aufmerksam, eure Unterstützung wird gebraucht werden!