Der alte und neue Oberbürgermeister Heidelbergs heißt Eckart Würzner. Bei der Wahl am 19. Oktober stimmten 84,4 Prozent für den Amtsinhaber.
„Ich bin einfach superglücklich, vor allem freue ich mich, dass es so eine hohe Wahlbeteiligung gegeben hat – das war am Anfang nicht so ganz klar.“ Diese Selbsteinschätzung verrät mehr über Eckart Würzner, als es seitenlange Portraits könnten. Ganze 21,8 Prozent der wahlberechtigten Heidelberger Bürger haben an einem schönen Herbsttag den Weg ins Wahllokal gefunden. Selbst bei Uniwahlen sind es nur geringfügig weniger. Über eintausend Namen wurden auf den Stimmzettel geschrieben, weil offenbar keiner der beiden Kandidaten als befriedigende Wahl empfunden wurde. Für Eckart Würzner sind diese Fakten dennoch ein „großer Vertrauensbeweis“.
Sicher: Dem parteilosen, aber von CDU, FDP und Freien Wählern unterstützten Amtsinhaber kann man nicht vorwerfen, dass SPD und Grüne es nicht geschafft haben, dem Wahlvolk einen Alternativkandidaten anzubieten. Was man ihm zum Vorwurf machen kann ist ein halbherziger Wahlkampf: Würzner gab den überparteilichen Integrator und versuchte, die Streitfragen der Stadtpolitik auf technokratische Sachentscheidungen zu reduzieren. Das ist sein Stil, seit er 2006 Beate Web er im Amt abgelöst hat. Nun wird er für weitere acht Jahre die Geschicke der Stadt lenken.
Was ist in der neuen Legislaturperiode zu erwarten? Im Wahlkampf brachte Würzner alte Heidelberger Klassiker wieder ins Gespräch: das Konferenzzentrum, den Ausbau des Nahverkehrs und natürlich die Stadt am Fluss. „Diese Stadt gehört an den Fluss und sollte nicht durch eine Bundesstraße von ihm getrennt sein.“ Nach einem ersten Scheitern strebt Würzner jetzt allerdings eine kleinere und günstigere Lösung als bisher an. Genauer festlegen möchte er sich allerdings nicht. Man müsse einen „neuen Dialog“ führen.
Diese Formulierung ist typisch für Würzner. Stichwort Wohnungslage: „Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen ist ein zentrales Anliegen der Stadt.“ Seine Pläne für das Literaturhaus? Den Verein machen lassen – und wenn es nicht klappt, „mit allen Beteiligten neu diskutieren.“ Was der Karlstorbahnhof
für die Zukunft braucht „Eine echte Entwicklungsperspektive.“
Wie er den handfesten Interessengegensätzen in Heidelberg begegnen will, erfährt man von Würzner nicht. Zum Thema Altstadtlärm analysiert er wie folgt: „Die einen wollen in der Altstadt feiern, die anderen wollen nachts schlafen.“ Wer hätte das gedacht! Seine Lösung: Die Altstadt solle ein attraktiver Wohnort bleiben, aber es gelte zugleich, auch „die gewachsene Kneipen- und Gastronomiekultur“ zu erhalten. Zur Kulturpolitik fällt ihm, der die Heidelberger Hauptstraße für eine „Museumsmeile“ hält, nicht viel Neues ein. Damit ist aber eigentlich auch alles gesagt.
Eckart Würzner ist der idealtypische Vertreter des deutschen Konsenspolitikers, eine kurpfälzische Angela Merkel gewissermaßen. Keine Ecken, keine Kanten. Hauptsache lieb. Das mag auf Stadtfesten, Fahrradwegeinweihungen und in der Rhein-Neckar-Zeitung gut ankommen. Dem politischen Klima in der Stadt tut es ganz sicher nicht gut.
von Kai Gräf und Michael Graupner