Das Tord Gustavsen Quartet gastiert beim Enjoy-Jazz-Festival und begeistert mit abwechslungsreichen Klängen.
Seit mehr als zehn Jahren ist Tord Gustavsen in unterschiedlichen Formationen beim Enjoy-Jazz-Festival zu Gast. Damals noch ein Geheimtipp, hat er sich heute zu einem der kommerziell erfolgreichsten ECM-Künstler entwickelt. Nachdem Gustavsen drei Trio-Alben aufgenommen hatte, arbeitet er seit 2008 in verschiedenen Ensembles mal im Duo, Trio oder Quartett, mal mit, mal ohne Gesang.
Das ausverkaufte Konzert in der Alten Feuerwache Mannheim beginnt mit leisen Klängen. Auf der Bühne steht die Quartett-Besetzung aus Bassist Mats Eilertsen, Schlagzeuger Jarle Vespestad und Saxophonist Tore Brunborg; hörbar, dass die Musiker schon seit Jahren immer wieder zusammen auf der Bühne stehen. Sie verstehen sich blind, das Zusammenspiel funktioniert reibungslos.
Das erste Stück des Abends ist geprägt durch reduzierte Tango-Rhythmen, was insofern nicht überraschend ist, als dass Tord Gustavsen als Komponist und Arrangeur nicht für Berührungsängste mit scheinbar entfernten Stilrichtungen bekannt ist. Die wohl wichtigsten Einflüsse zieht Gustavsen aus der Kirchenmusik. Genauso dienen nordische Volkslieder als Vorlage und Inspiration.
Aus dem intimen Anfang des Konzerts entwickelt Saxophonist Tore Brunborg die skandinavisch-melancholischen Melodiebögen. Manchmal unvermittelt, beinahe eruptiv entwickelt das Spiel des Quartetts einen mitreißenden Drive. Dann werden die Blues- und- Gospel-Einflüsse des Quartetts ersichtlich, die der Musik den zeitweise fehlenden Schwung geben und großen Spaß machen. Für besonders gelungene Solos von Tore Brunborg gibt es nun spontanen Applaus. Meist ist die Musik jedoch von getragener Langsamkeit, die alle Facetten des Spiels wahrnehmbar macht. Tord Gustavsen sagt über ein Stück, es gehe darum „so viel wie möglich mit so wenig wie möglich zu sagen.“ Und das charakterisiert die Musik und seine Kompositionen durchaus treffend.
Ohne große Geste, auf aufmerksames Zusammenspiel bedacht, steht das Ensemble im Vordergrund. Zeitweise stellt ein vom Flügel aus bedienter Synthesizer einen Klangteppich her, formlos und mäandernd, der die Klänge zu hypnotischer Dichte treibt. Die Musiker verstehen es, darauf perfekt einzugehen und somit mehr Abwechslung in die Stücke zu bringen. Das Tord Gustavsen Quartet scheut sich nicht vor Klangexperimenten. Gustavsen dämpft mit der Hand angeschlagene Seiten ab, um einen perkussiven Ton zu erhalten. Bassist Mats Eilertsen erzeugt auf dem Bass Obertöne.
Eilertsen ist dabei immer das verlässliche Fundament des Ensembles, das das Spiel erdet und durch subtile Virtuosität glänzt. Die abwechslungsreiche Spielweise Eilertsens macht Spaß: Neben dem klassischen Zupfen nimmt er auch gerne mal den Bogen zur Hand, um einen melodischen Kontrapunkt zu streichen oder mit dem geworfenen Bogen Akzente zu setzen. Der aufmerksame Schlagzeuger Jarle Vespestad ist ihm ein verlässlicher Partner. Sie schaffen eine brilliante rhythmische und harmonische Grundlage, auf der sich Saxophon und Klavier austoben können.
Beim letzten Stück des Abends haben sowohl Musiker als auch das Publikum in der alten Feuerwache sichtlich Spaß. Zum Glück stehen die Chancen gut, das Tord Gustavsen Quartet auch im nächsten Jahr bei Enjoy Jazz erleben zu dürfen.
von Jonas Peisker