1848 kommt es in Deutschland zur Revolution. In einem Wirtshaus in Heidelberg tritt eine Versammlung zusammen, die den Weg zum ersten deutschen Parlament ebnet.
Am Ende retten die Heidelberger immerhin ihre Stadt. Die Utopie aber, den Traum, den viele von ihnen mitgetragen haben – er versinkt hier und um sie herum. Die Revolutionsarmee, erst kurz zuvor einquartiert, muss der schieren Übermacht weichen. In der Nacht vom 22. auf den 23. Juni 1849 ziehen die Preußen in die Stadt ein. Damit endet auch hier, wie an so vielen Orten zuvor, die Revolution von 1848/49 und mit ihr das Versprechen auf Freiheit und Demokratie.
Heidelberg ist in dieser Revolution, die ganz Deutschland erfasst, unzählige Menschen mobilisiert und zwischenzeitlich große Hoffnungen weckt, von Beginn an ganz vorne mit dabei. Das liegt zum einen an der liberalen Tradition Badens (wozu die Kurpfalz seit Napoleons Umgestaltung gehört): Die 1818 erlassene Landesverfassung ermöglicht es den größeren Städten, gewählte Abgeordnete in den Landtag zu entsenden. Wie in anderen Städten werden auch in Heidelberg nur Vertreter der liberalen Opposition gewählt – konservative Kandidaten sind praktisch chancenlos.
Der zweite Grund ist die hohe Anzahl an Studenten. Etwa jeder zweite von ihnen ist Mitglied in einer der vielen Studentenverbindungen, die zu den Keimzellen der Oppositionsbewegung gehören. Ihre Forderungen reichen von liberalen Reformen bis hin zur Gründung einer demokratischen Republik.
Eigentlich ist man im Deutschen Bund bemüht, alle revolutionären – also liberalen, demokratischen und nationalen – Bestrebungen zu unterdrücken, da sie die Macht der Fürsten bedrohen. Verfolgung, Zensur und ein Spitzelsystem prägen das politische Klima des Vormärz, wie die Jahrzehnte vor der Revolution genannt werden. Andererseits ist der Deutsche Bund nur ein loser Staatenbund: Wie strikt diese Linie umgesetzt wird, hängt stark vom jeweiligen Landesherren ab.
Obwohl Badens Politik relativ gemäßigt ist, nimmt die Revolution von 1848 hier ihren Anfang. Inspiriert von der französischen Februarrevolution, fordern Bürger in Baden, zuerst in Karlsruhe, weitreichende Reformen. So beginnt die „Märzrevolution“, die bald auf ganz Deutschland überspringt. Schon am 5. März kommt im „Badischen Hof“ die „Heidelberger Versammlung“ zusammen. Sie stellt einen Meilenstein dar auf dem Weg zur Frankfurter Nationalversammlung, dem ersten demokratisch gewählten Parlament der deutschen Geschichte, das zwei Monate später erstmals zusammentritt.
Doch es scheitert letztlich an seinen inneren Streitigkeiten und der militärischen Stärke seiner adligen Gegner; Im Juni 1849 wird die Nationalversammlung von Bundestruppen aufgelöst. Nur in Baden siegt die Revolution: Der Großherzog muss fliehen, und in Offenburg wird die Republik ausgerufen.
Doch den Einmarsch der Bundestruppen überlebt auch sie nicht. In Heidelberg entschließt man sich nach preußischen Störfeuern zur kampflosen Übergabe der Stadt. Einen Monat später kapitulieren in Raststatt die letzten revolutionären Verbände.
Auf das Einrücken der preußischen Soldaten folgt auch in Heidelberg eine Phase politischer Repression. Doch die demokratischen Forderungen der Heidelberger Versammlung leben im deutschen Parlamentarismus bis heute fort.
von Michael Abschlag