Die atlantische Strömung, zu welcher auch der bekannte Golfstrom gehört, befördert warmes Wasser von der Südhalbkugel in den Norden an die Westküste Europas und ist somit hauptverantwortlich für das milde Klima hierzulande. Im Zuge des Klimawandels wurden jedoch immer häufiger Bedenken geäußert, dass die Strömung durch das in Grönland geschmolzene Polareis und den daraus folgenden Anstieg an Süßwasser zusammenbrechen könnte. Der Zusammenbruch hätte eine massive Abkühlung des europäischen Klimas zur Folge. Nun hat ein internationales Forscherteam, an welchem auch einige Wissenschaftler der Universität Heidelberg beteiligt sind, mit einer neuen Studie zur Ozeanzirkulation im Atlantik neue Erkenntnisse gewonnen.
Für die Studie analysierte das Team einen Bohrkern aus 4500 Metern Tiefe, welche vor der Küste Bermudas aus dem Sediment am Meeresboden entnommen wurde. Dieser ermöglicht einen Überblick über die Geschichte der Ozeanzirkulation innerhalb der letzten 140.000 Jahre. Zum ersten Mal gelang es nun anhand der Messung verschiedener Isotope die Stärke der atlantischen Strömung zu rekonstruieren. Das Ergebnis war überraschend: Entgegen bisheriger Annahmen war die Ozeanzirkulation während der letzten Eiszeiten deutlich stabiler als erwartet. Der Wärmetransport schwächte sich nur in jenen Phasen deutlich ab, in denen bereits sehr große Eisschilde in den Süden Europas vorgedrungen waren. Diese eiszeitlichen Eisschilde existieren jedoch in der heutigen Zeit nicht mehr. Deshalb sei es auch unwahrscheinlich, dass die Ozeanzirkulation, im Zuge des durch den Klimawandel abgetauten Grönlandeises, zum erliegen kommt, so die Schlussfolgerung der Forscher.
Dies sei jedoch kein Grund zur Entwarnung, betont Evelyn Böhm, Wissenschaftlerin am Institut für Umweltpolitik an der Universität Heidelberg. Die heutigen CO²-Emissionen stellten einen bisher nie dagewesenen Eingriff in das Klimasystem dar. Deshalb ließen sich auch nur begrenzt Rückschlüsse auf die Auswirkungen des Klimawandels ziehen, so die Wissenschaftlerin.
Die Ängste vor den Veränderungen, welche der Klimawandel mit sich bringen könnte, sind somit also nicht gebannt. Um diese möglichst abzuschwächen, wird vermutlich nur ein Umdenken in der Gesellschaft helfen. Hier muss nun die globale Gemeinschaft Zusammenhalt beweisen, um eine drohende Katastrophe zu verhindern.
Von Philipp Armingeon