US-amerikanische Studenten sind aufgrund der Studiengebühren hoch verschuldet.
Ein Studium in den USA kostet so viel, dass die meisten Studenten Kredite aufnehmen. Alle diese Kredite haben im Jahr 2014 zusammengerechnet die Marke von einer Billion US-Dollar überschritten. Erstmals ist dieser Schuldenstand höher als alle amerikanischen Kreditkartenschulden. Als Vergleichsgröße: In dem selben Jahr betrug das Bruttoinlandsprodukt in den USA knappe 17 Billionen. Würden die Schulden unter allen US-Amerikanern aufgeteilt, so müsste jeder immer noch über 3000 Dollar zahlen.
Das Schuldenproblem ist so vielschichtig, wie die amerikanische Hochschullandschaft verschieden. Denn die unterschiedlichen Colleges und Universitäten verlangen unterschiedlich hohe Gebühren, wobei die Staatlichen meistens günstiger sind als die Privaten. Gleichzeitig gibt es noch die Community Colleges, an denen man einen Teil seines Studiums absolvieren kann. Diese sind zwar wesentlich günstiger, jedoch kann man nicht an allen einen akademischen Abschluss machen. Und auch an den günstigeren staatlichen Universitäten müssen Studenten aus einem anderen Bundesstaat meistens viel höhere Gebühren zahlen.
Eben diese Kosten entscheiden für viele High School Absolventen, an welche Uni sie letzten Endes gehen. Andrew, Student an der University of Massachusetts, berichtet: „Ich habe mich bei mehreren Universitäten beworben, auch sehr guten, aber dort hätte ich 25 000 bis 30 000 Dollar pro Jahr zahlen müssen, was ich unglaublich fand.“ Auch für Eric waren die Studiengebühren ein Hauptgrund für die Universitätswahl: „Ich wurde an mehreren Universitäten angenommen. Ich bin aber nicht an die Beste von diesen gegangen, sondern an eine weniger Anerkannte, da mir diese Universität auch eine Studienfinanzierung anbieten konnte.“
Diese finanzielle Barriere ist für junge Erwachsene aus einkommensschwachen Familien umso höher. Weniger als ein Drittel der High School -Absolventen im Jahr 2009 aus Familien der unteren Einkommensklasse entschieden sich, eine Hochschule zu besuchen, im Vergleich zu drei Vierteln der Absolventen aus Familien mit hohem Einkommen, so das „Network for College Access“ (Netzwerk für College Zugang). Gleichzeitig hängt der Zugang immer auch von den Finanzierungsmöglichkeiten und Stipendien ab. „Ich glaube, dass die Meisten die Studiengebühren berücksichtigen, aber dennoch einen bezahlbaren Weg finden,“ findet Mary. Auf Internetseiten wie „Occupy Student Debt“ (Besetzt Studiumsschulden) oder „Project on Student Debt“ (Projekt über Studiumsschulden) klagen Hochschulabsolventen ihr Leid. Manche haben auch Jahre nach dem Hochschulabschluss keine Beschäftigung gefunden und wissen nicht wie sie ihre Schulden bezahlen sollen; andere kommen trotz geregelten Einkommens nur schwer über die Runden, weil die Rückzahlungsraten zum Teil das halbe Gehalt auffressen. Dubiose Kreditkonditionen privater Anbieter sind ein weiterer Baustein im Schuldenproblem. „Mit dem Ende der High School werden dir Kredite förmlich aufgedrängt, weil am anderen Ende viele massiv an den Krediten verdienen,“ berichtet Eric.
An manchen Orten regt sich Widerstand gegen dieses Bildungssystem. An der University of California, vor allem am Standort Berkeley, haben diesen Herbst Studenten gegen eine geplante Gebührenerhebung gestreikt. Auch Occupy Wallstreet ist gegen die steigenden Gebühren in Aktion getreten. Aktivisten haben bei privaten Investoren die an Studenten ausgegebenen Kredite aufgekauft und fordern diese nun nicht ein. Somit haben sie Studenten eine Summe von insgesamt 3,8 Millionen Dollar an Schulden erlassen. Allerdings ist der Hauptgläubiger für Studienkredite der amerikanische Staat, weswegen solche Aktionen am Gesamtproblem nur wenig rütteln können.
Die US-Regierung hat angekündigt, sich des eskalierenden Schuldenproblems anzunehmen. Sie will, um wettbewerbsfähig zu bleiben, noch mehr Studenten an amerikanische Universitäten locken. Präsident Obama hat in seiner Rede zur Lage der Nation auf das Problem verwiesen und gefordert, die Rückzahlung von Krediten zu vereinfachen und die ersten zwei Jahre des Community Colleges kostenlos zu machen. Allerdings fehlen ihm die Mehrheiten im Repräsentantenhaus und Senat, um aus den Vorschlägen Gesetze zu machen. Eine vereinfachte Rückzahlung würde auch wenig an der generellen Finanzierung des amerikanischen Hochschulsystems ändern.
„Ich glaube, dass Studiengebühren notwendig sind, weil die Regierung im Gegensatz zu den meisten westlichen Staaten kaum in Bildung investiert. Ich persönlich würde mir aber wünschen, dass alle staatlichen Universitäten auch komplett vom Staat finanziert würden und somit kostenlos wären,“ sagt Andrew. Frank findet es zwar in Ordnung, dass Universitäten über die Gebühren ihre gute Forschungsinfrastruktur bezahlen, würde aber große Einsparungen fordern: „Jeder weiß, dass die Studiengebühren in astronomische Höhen gestiegen sind. Die staatlichen und privaten Colleges sollten sich anstrengen, Kosten zu sparen und die Gebühren zu senken.“
von Madalina Draghici