In den frühen siebziger Jahren gerät Heidelberg ins Visier der RAF. Ihr Ziel ist das amerikanische Hauptquartier.
An einem milden Frühlingsabend kommt der Terror nach Heidelberg. Es ist der 24. Mai 1972, abends um zehn nach sechs, als vor dem Hauptquartier der amerikanischen Streitkräfte fast zeitgleich zwei Autobomben detonieren. Drei amerikanische Soldaten sterben; Fünf weitere werden verletzt. Zwei Tage später bekennt sich die Rote-Armee-Fraktion zu dem Anschlag: Sie habe die Bomben gelegt – aus Protest gegen die „Verbrechen am vietnamesischen Volk“.
Heidelbergs Siebziger haben begonnen, und sie sind aufregend, unruhig und blutig. Dabei sieht es zunächst nicht danach aus: Die Studentenproteste der späten Sechziger sind abgeflaut, und im Juni 1970 löst sich der Sozialistische Studentenbund (SDS) in Heidelberg auf. Zurück bleibt eine Studentenschaft auf der Suche nach einer neuen politischen Heimat.
Aus den Trümmern des SDS entstehen bald neue Splittergruppen. Zu ihnen gehört das 1970 von einem Assistenzarzt der Psychatrischen Klinik ins Leben gerufene „Sozialistische Patientenkollektiv“ (SPK), das in der Gesellschaft die Ursache für psychische Erkrankungen sieht: Der Sturz dieser Ordnung sei die einzige mögliche Therapie, heißt es.
Nach nur gut einem Jahr steht das „Patientenkollektiv“ bereits im Verdacht, die RAF zu unterstützen. 1971 wird es aufgelöst, mehrere Mitglieder verhaftet. In seinen Räumen findet die Polizei Waffen und Sprengstoff. Tatsächlich sind es Gruppierungen wie das SPK, aus denen die RAF ihre Mitglieder rekrutiert.
Im Frühjahr 1972 startet die RAF ihre „Maioffensive“. Innerhalb von nur einem Monat verübt sie Bombenanschläge in fünf deutschen Städten. In Heidelberg ist das US-Hauptquartier Ziel des Angriffs. Platziert werden die beiden Bomben in Autos mit amerikanischen Kennzeichen – denn die werden bei der Einfahrt auf das Kasernengelände nicht kontrolliert.
Der Anschlagsserie folgt eine fieberhafte Suche nach den Tätern. Binnen weniger Wochen kann das BKA fast die gesamte Führungsriege der ersten RAF-Generation verhaften und vor Gericht bringen.
Der Terror aber geht weiter. Auch Heidelberg gerät noch einmal ins Visier der RAF: Im Herbst 1981 schlägt sie erneut zu. Als am Morgen des 15. Septembers der Wagen des US-Generals Frederick Kroesen nahe der Karlstorschleuse vor einer roten Ampel hält, streift eine Granate das Auto. Eine zweite saust in den Neckar. Während zwischen Terroristen und US-Sicherheitsleuten ein Feuergefecht entbrennt, rast Kroesens Fahrer davon.
Wenige Monate später werden die Täter gefasst: Brigitte Mohnhaupt und Christian Klar, führende Mitglieder der zweiten RAF-Generation. Schon Tage vor dem Anschlag hatten sie im Wald gezeltet und schließlich mit einer Panzerfaust das Feuer eröffnet.
Ihren Zenit hat die RAF da längst überschritten, ihren Rückhalt bei Studenten verloren. So bleibt von ihr schließlich auch in Heidelberg nur die Erinnerung an drei Tote und einige Wochen voller Angst.
Von Michael Abschlag
In Euren paar Zeilen über das SPK ist aber auch alles falsch. Das SPK hatte nie etwas zu tun mit der Studentenbewegung. Falsch auch dies: Das SPK habe „die Gesellschaft“ als „die Ursache für psychische Erkrankungen“ gesehen. Im SPK ging es nicht um „die Gesellschaft“, sondern um den Kapitalismus, und es ging nicht um „psychische Erkrankungen“, sondern um Krankheit schlechthin. SPK-Formel: Identität von Krankheit und Kapitalismus. Ebenso war nie jemand ALS SPK bei der RAF. Jede „Mitgliedschaft“ war laut RAF-Beschluß, praktiziert seit 1973, zwingend bis zur angedrohten Tötung, an den Bruch mit sämtlichen SPK-Positionen gebunden. Wenn Ihr schon SPK erwähnt, wieso schreibt Ihr dann nicht dies: SPK, erste Patientenselbstorganisation der Welt, frei von allen Ärzten und allem Ärztlichen; alle Arzt-Patient-Verhältnisse abgeschafft, Therapie abgeschafft, statt dessen: Einzelagitation, Gruppenagitation, Arbeitskreise. Das SPK gibt es bis heute in der Patientenfront, SPK/PF(H). Gibt es für Euch keine journalistische Sorgfaltspflicht? Habt Ihr kein Internet? Könnt Ihr nicht googeln? Auf der Internetseite des SPK steht alles und zwar richtig: http://www.spkpfh.de .