Oxford spielt es, Harvard spielt es. Nun hat auch Heidelberg ein Quidditch-Team. Das Besen-Rugby begeistert nicht nur Zauberfans.
Der Rennbesentest lässt mich unentschlossen: Nimbus 2000 oder doch Feuerblitz? Womit fliegt man wohl in Heidelberg? Es hat ja schließlich nicht jeder einen vermeintlichen Schwerverbrecher zum Onkel, der einem das Equipment stellt. Macht aber nichts, denn in der Muggelwelt des Heidelberger Unisports löst sich das Problem auf magische Art und Weise – Nicht-Zauberer können auch mit Plastikrohren aus dem Baumarkt Vorlieb nehmen. Also sprinten wir über den Rasenplatz und versuchen nicht vom Besen zu fallen; oder besser gesagt, den Besen nicht fallen zu lassen. Etwas verrückt ist es schon, aber mit mir sind einige Neugierige zum Training gekommen. „Meine Mitbewohner aus England haben mich dazu überredet es auszuprobieren“, sagt Jenny, „sie sind total begeistert“.
Mit 15 Teams in der International Quidditch Association ist England aktuell der absolute Vorreiter in Europa. Erfunden wurde das Muggel-Quidditch aber vor zehn Jahren in Vermont, USA, von Studenten des Middlebury Colleges. In den USA und Kanada wurde der Sport für Nicht-Zauberer zum Trend, 2007 gab es bereits den ersten Weltcup. In Europa brauchte die Entwicklung etwas länger. Doch mit Heidelberg zieht eine weitere deutsche Hochschule nach – die Heidelberger HellHounds haben sich diese Saison als Team des Unisports gegründet. Damit sind sie in Deutschland nicht allein: Der Deutsche Quidditch-Bund zählt aktuell vier offizielle Teams, eine Nationalmannschaft ist gerade im Aufbau.
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FOTOSTRECKE Quidditch in Heidelberg
Die Idee in Heidelberg entstand auf den Neckarwiesen. „Wir fanden die Vorstellung, Quidditch im echten Leben zu spielen, total verrückt und wollten es einfach mal ausprobieren“, erzählt Birte, die Mitbegründerin der HellHounds. „Dann haben wir gesehen, dass es schon Teams gibt. Um die Regeln zu lernen, waren wir dann bei der Mannschaft in Darmstadt – die spielen schon sehr professionell.“ Wir spielen noch nicht ganz so professionell, aber mit viel Elan. Alle knien auf dem Rasen, starren den Gegner an, die Augen suchen einen Gegenspieler. „Besen hoch“ brüllt jemand und zahlreiche Studentenbeine und Besenstile rasen los. Die Mischung aus Brennball und Völkerball, kombiniert mit der Attitüde des Rugby, braucht bei mir noch etwas Übung. Mein Blick sucht einen Mitspieler, da rast schon jemand mit Besen auf mich zu – zack, vom Besen gefallen. Aber zum Glück nur eine Schramme im Gesicht. „Quidditch ist ein Sport mit Vollkontakt, wie beim Rugby“ sagt Alexander und hilft mir auf die Füße. „Wenn du den Besen fallen lässt oder ohne ihn läufst, musst du zu deinen Torringen zurück rennen und sie berühren – erst dann kannst du wieder spielen.“ Die Torringe meiner Mannschaft sind Hulla-Hoop Reifen und stehen im hinteren Drittel des recht-eckigen Spielfelds; sie sind das Ziel der Gegner. Jedes Team hat sieben Spieler: Einen Torwart, auch „keeper“ genannt, der die Ringe „sauber“ halten soll. Die drei Jäger („chaser“) rennen über das Spielfeld und versuchen mit dem Quaffel (einem weniger aufgeblasenen Volleyball) Tore zu erzielen. Behindert werden sie dabei von den zwei Treibern („beater“) des anderen Teams, die sie mit Klatschern (Völkerbälle) vom Besen holen sollen. Und dann gibt es da noch den goldenen Schnatz – eigentlich ein kleiner goldener Ball mit Flügeln. In der Uni-Welt handelt es sich um eine Person in gelber Kleidung. Um die Hüften hat sie eine Socke gebunden, in der sich ein kleiner Ball befindet. Ein Sucher („seeker“) aus jedem Team jagt den Schnatz und den Ball, denn es winken 30 Punkte. Um das zu verhindern, kann der Schnatz einiges unternehmen: Rad fahren, tackeln oder zur Not eine Wasserpistole benutzen. Wird er aber gefangen, ist das Spiel beendet.
Auch ohne Schnatz wäre ich wahrscheinlich schon auf der Krankenstation bei Madame Pomfrey, um meine Gliedmaßen richten zu lassen.
Nach einer halben Stunde Spiel schnaufen wir alle ganz schön, es regnet und den ersten überdehnten Muskel gibt es auch. Trotzdem muss man weder Leistungssportler noch Harry-Potter -Freak sein, um Quidditch zu spielen. „Es ist eine coole Teamsportart und macht einfach richtig Spaß“, sagt Birte. Schade nur, dass man nicht wirklich fliegen kann.
von Laura Heyer
[box type=“shadow“ ]Das Training im Uni-Sport findet immer donnerstags von 17.30 bis 19.00 Uhr auf dem Rasenbolzplatz im INF 720 statt.[/box]