Leicht und unbeschwert scheint Hedi Schneiders Leben, bis eine Angsstörung die junge Frau aus der Bahn wirft. In „Heidi Schneider steckt fest“ erzählt Autorenfilmerin Sonja Heiss von Panikattacken – glücklicherweise ohne die übliche Schwermut.
Nichts scheint Hedi Schneiders sonniges Gemüt erschüttern zu können. Wie sie da auf ihrem Fahrrad durch Frankfurt radelt, mit buntem Rock und verträumtem Gesicht, wirkt sie wie eine besonders optimistische Vertreterin der urbanen Mittdreißiger-Generation. Als sie im Fahrstuhl steckenbleibt, flirtet sie über die Gegensprechanlage mit dem verwirrten Mitarbeiter der Aufzugsfirma und bestellt einen Hamburger. Und Zuhause lebt sie mit dem sozial engagierten Ehemann Uli und dem kleinen Sohn Finn in der lichtdurchfluteten Altbauwohnung eine typische junge Familienidylle. Ein Leben wie aus der Ikea-Werbung, bis – ja, bis bis plötzlich wie aus dem Nichts diese Panikattacken kommen.
Eine Komödie über Angstzustände? Noch dazu eine Komödie aus Deutschland? Wo jedes gesellschaftlich relevante Thema mit bleiernem Betroffenheitsduktus abgearbeitet wird? Ja, das kann offenbar funktionieren – und hier funktioniert es. Der Film „Hedi Schneider steckt fest“ nimmt sein Thema ernst, ohne ihm den obligatorisch düsteren Grundton zu verpassen. Regisseurin Sonja Heiss weiß, wovon sie erzählt, schließlich hat sie eigene Erfahrungen verarbeitet. Vielleicht schafft sie es gerade deshalb, die Balance zwischen Ernst und Leichtigkeit zu halten.
Beschönigen tut sie dabei nichts. Offen wird gezeigt, wie Hedi die Kontrolle über ihr Leben zunehmend entgleitet, während die Umgebung mit eher hilflosen Ratschlägen reagiert: „Iss‘ mal was“, „Du musst mehr schlafen“, „Wenn’s mir mal schlecht geht, gehe ich kalt duschen“. Am Ende steht auch ihr relativ stabiles Familienleben am Rande des Abgrunds. Als sie ihren Mann fragt, weshalb er mit einer NGO nach Afrika will und nicht zuhause glücklich werden kann, offenbart der ihre ganze Entfremdung, als er patzig antwortet: „Das ist die erste Frage, die du mir seit einem halben Jahr stellst. Die kannst du dir jetzt echt selbst beantworten.“
Bei alledem aber bleibt der Grundtenor des Films vorsichtig positiv. Auch hat er herrliche kleine Szenen, etwa wenn Hedi, zugedröhnt mit Tabletten, einen Hasen kauft, ihn aber nicht in den Karton stecken will und damit den irritierten Tierhändler an den Rand seiner Geduld bringt: „Sooo… Dann wollen wir mal langsam zu Potte kommen… Ich hätte dann auch noch was anderes vor…“ Dieser menschliche Humor durchzieht den Film wie das warme, frühlingshafte Sonnenlicht. Das macht dieses feine Psychogramm so sehenswert. Und dass ausgerechnet die anfangs so unbeschwerte Heidi von einer – möglicherweise stressbedingten – Psychose heimgesucht wird, ist ein kluger Schachzug, der zum Nachdenken anregt. Er macht deutlich, dass es jeden treffen kann: Sind wir nicht alle ein bisschen Hedi?
Mit „Hedi Schneider steckt fest“ ist den Machern ein sensibler, unaufgeregter und weitgehend humorvoller Film zu einem wichtigen Thema gelungen. Es ist die vielleicht beste Art, sich ihm anzunähern.
von Michael Abschlag