Menschen, Tiere, Explosionen: „Mad Max“ bietet furiose Action in einer dystopischen Wüstenwelt.
„Die Kriege der Gegenwart werden um Öl geführt, die Kriege der Zukunft um Wasser“ – diese Erkenntnis steht am Anfang von „Mad Max: Fury Road“. Denn der Actionstreifen aus dem Hause Warner Brothers entführt den Zuschauer in eine postapokalytische Zukunft, in der es zwar Öl genug gibt, um sich irrwitzige Autorennen zu liefern, aber eben kaum Wasser. Das ist in der endlosen Wüstenlandschaft, die dem Film als gekonnt in Szene gesetzte Kulisse dient, unbezahlbar – und bedeutet pure Macht.
So kontrolliert allein der an der Grenze zum Wahnsinn angesiedelte Immortan Joe (Hugh Keays-Byrne) – optisch eine Mischung aus Darth Vader, Joker und gealtertem Rockstar – die sorgsam dosierte Wasserverteilung an das Volk. Auf dieser Grundlage hat er sich die kultische Verehrung der Massen gesichert und ein Imperium aufgebaut, dessen wichtigste Stütze die chaotischen, aber bedingungslos loyalen Warboys sind. Sie dienen ihm als Kämpfer und Kanonenfutter und sehen so aus, wie man sich bei uns gemeinhin barbarische Wilde vorstellt.
Zu Immortan Joes Anhängern gehört auch Imperator Furiosa (Charlize Theron), bis sie ihm die Gefolgschaft aufkündigt und mit einem seiner Kampftrucks sowie mehreren leicht bekleideten Haremsdamen verschwindet. Der Despot sinnt auf Rache, und die kämpferische Amazone wird zur Heldin auf der Suche nach Erlösung. Die Frauen fliehen in Richtung ihrer einstigen Heimat, des Grünen Landes, und treffen dabei auf den verschlossenen und von Traumata geplagten Max Rockatansky (Tom Hardy), der ihnen auf ihrer gefahrvollen Odyssee durch die Ödnis hilft.
Dieser an sich schlanke Plot ist mit spektakulären Wüstenbildern und einem dynamischen Actionfeuerwerk fulminant umgesetzt. Regisseur George Miller hat die Mad-Max-Serie der späten 1970er und frühen 1980er Jahre wiederbelebt und einen bildgewaltigen Endzeitepos daraus gemacht. Die Suche nach dem verlorenen Paradies ist in gleißend warmes Licht getaucht, das Wüstenland samt Joes totalitärem Führerstaat von phantasievoll dämonischen Gestalten bevölkert.
Wirkliche Tiefe kann der Film bei alledem nicht gewinnen, und realistisch sind Dinge wie eine Armee, die mit Rockband in den Krieg zieht, auch nicht wirklich. Offen gesagt besteht „Mad Max“ über weite Strecken aus komplett sinnbefreitem Geballer und explodierenen Trucks. Mit sichtlicher Freude haben die Macher die 100 Millionen Dollar Budget verpulvert und dabei so ziemlich jedes verfügbare Fahrzeug in seine Einzelteile zerlegt. Mit dem Kampf ums Wasser hat man immerhin ein durchaus aktuelles Thema als Aufhänger genommen, und so unglaubwürdig es grundsätzlich wirkt, ausgerechnet in einem Hollywood-Blockbuster von Ökologie und Nachhaltigkeit zu sprechen, so fügt sich hier das Thema doch recht stimmig in die Handlung ein.
Bemerkenswert an dieser stahlgewordenen Ausgeburt der Phantasie sind aber vor allem ihre opulente Optik, das Tempo, das die Spannungskurve zu halten hilft, und nicht zuletzt die Kreativität Millers. Seine Rost-und-Staub-Ästhetik in grandios glühender Einsamkeit verleiht dem Film individuellen Stil und Charakter, und sein Mut zum Absurden machen ihn zu einem herrlich durchgeknallten Vergnügen. Man kann dem Film zu Recht vorwerfen, eine Materialschlacht ohne Figurenzeichnung und fast ohne Handlung zu sein, doch seine anarchische Spielfreude unterscheidet ihn erfreulich von seelenlosen Auftragsarbeiten, wie sie in der Filmbranche sonst zuweilen auftauchen. „Mad Max“ ist sicher kein intellektuelles Meisterwerk, aber ein solide gemachter Actionfilm mit grandiosen Szenen.
von Michael Abschlag