Ein neues Mentoringprojekt bringt Studierende und Flüchtlinge zusammen. Ein Kontakt zwischen den Kulturen.
Der 19-jährige Ali ist vor 15 Monaten aus Afghanistan zu seiner Frau nach Deutschland geflohen. Seit Februar trifft er sich mit dem Politikstudenten Vincent. Kennengelernt haben sie sich über den ehrenamtlichen Verein „Wir für Flüchtlinge e.V.“ , eine Studentengruppe, die den Fokus der Flüchtlingsarbeit auf das „Mentoring Programm“ legt. Von Alltagsherausforderungen bis zu Bürokratiehürden sucht man gemeinsam nach Lösungen. Freundschaft ist aber der schönste Nebeneffekt.
Was ist das Besondere an dem Programm „Wir für Flüchtlinge“?
Vincent: Man hat nicht abstrakt mit dem Flüchtlingsbegriff zu tun, sondern lernt jemanden kennen, der eine Geschichte hat.
Wir sprechen nicht nur über förmliche Bank- oder Asylanträge, sondern teilen Hobbys und Freizeit miteinander. Wir sind Freunde geworden.
Ali: Für mich ist das Reden und Zuhören sehr gut. Über die Kultur in Deutschland möchte ich mehr erfahren. Vincent ist ein guter Freund geworden.
Hast du durch Vincent auch viele andere Deutsche kennengelernt?
Ali: Ja, ich habe die zwei Mitbewohner von Vincent schon öfter gesehen. Aber ich habe auch sehr viele afghanische Freunde in Heidelberg.
Vincent: Ali hat meiner chinesischen Mitbewohnerin Wei persische Schrift beigebracht, während sie ihn in die Kunst des Stäbchenessens eingeführt hat. Das war sehr amüsant.
Wieso passt ihr so gut zusammen?
Vincent: Vermutlich hat uns der Sport zusammengebracht. Anfangs haben wir viel über Sport gesprochen und Fußball im Fernsehen angeschaut. Wir lachen viel zusammen.
Ali: Das hast du gut gesagt (Beide lachen).
Wie funktioniert die Kommunikation zu anderen Flüchtlingsvereinen, wie dem Asylarbeitskreis?
Ali: Da habe ich keinen Kontakt, aber mit einer Frau von der Caritas, weil sie aus Afghanistan kommt. Sie hilft mir bei der Vorbereitung für meine Anhörung beim Asylantrag.
Vincent: Das ist wichtig, weil sich dort entscheidet, ob man bleiben darf. Man äußert sich zu seiner Flucht und macht Angaben zur Person.
Vincent, wie reagieren deine Kommilitonen auf dein Engagement?
Vincent: Ausschließlich positiv. Manche Freunde von mir haben Ali auch schon kennengelernt. Sie finden ihn sehr höflich und sagen, dass er einen guten Kleiderstil hat.
Was war euer bestes gemeinsames Erlebnis?
Vincent: Als Ali das erste Mal bei mir war, wusste ich bereits, dass er Spaghetti liebt. Das haben wir dann gekocht. Dabei haben Wei und er bemerkt, dass China und Afghanistan Nachbarländer sind. Mein anderer Mitbewohner hat Musik gemacht und ich war froh, dass du dich bei mir so wohl fühlst.
Ali: Für mich war das auch toll. Die Spaghetti und die Gitarre, das war sehr gut. Und Wei hat mir erklärt, was Afghanistan auf Chinesisch bedeutet.
Habt ihr manchmal auch Meinungsverschiedenheiten?
Vincent: Wir merken manchmal, dass wir unterschiedlichen Kulturen angehören. Aber Streit hatten wir noch nie.
Das Gespräch führte Greta Aigner