Intimer Dokumentarfilm erzählt Kurt Cobains Leben.
Teenager, die sich unverstanden, anders und allein fühlen, haben seit rund 20 Jahren einen offiziellen Soundtrack: Die Alben von Nirvana. Wie es dazu kam, versteht man durch die filmische Biografie des Frontmanns Kurt Cobain, die derzeit im Karlstorkino zu sehen ist. „Kurt Cobain – Montage of Heck“ erzählt das Leben des Sängers vom Kennenlernen seiner Eltern bis zu seinem Selbstmord 1994. Die Dokumentation ist eine Art Collage, denn die einzelnen Szenen reihen sich unkommentiert aneinander. Zu sehen sind Interviews mit Cobains Verwandten und Freunden, animierte Tagebucheinträge und Zeichnungen sowie private Super-8-Aufnahmen. Die Dokumentation wurde unter anderem von Cobains Tochter produziert, die noch nicht einmal zwei Jahre alt war, als ihr Vater sich das Leben nahm. Der Film gewährt Einblick in die schier endlose Kreativität, aber auch in das Leid und die Unzufriedenheit des Musikers. Nachdem er zunächst eine glückliche Kindheit erlebt hatte, war die Scheidung seiner Eltern ein extremer Verlust für ihn. Seither sehnte er sich nach der klassischen, heilen Familie. In sein Tagebuch schreibt er später: „Ich liebe meine Eltern, dennoch lehne ich alles ab, wofür sie stehen.“
Er beginnt zu rebellieren, beendet ohne Abschluss die Schule und ist überzeugt, es als Musiker zu schaffen. In der Musik findet er ein Ventil, und erhält schnell die Anerkennung, die er sich wünscht. Gleichzeitig fühlt er sich angreifbar und hat selbst auf dem Höhepunkt seiner Karriere Angst vor Zurückweisung. Ähnlich paradox verhält es sich mit seiner Drogensucht: Er leidet unter seiner Abhängigkeit, braucht dieses Leid aber auch, um daraus Kreativität zu schöpfen.
Auch das Zusammenleben zwischen ihm und seiner Frau Courtney Love wird gezeigt. Dabei wird schnell klar, dass Cobain mit ihr die Familie gründen wollte, die er glaubte, als Kind verloren zu haben. Zu diesem Zeitpunkt war Nirvana bereits weltweit erfolgreich und es fiel ihm schwer, die große mediale Aufmerksamkeit an ihm und seiner Familie zu ertragen. Als Zuschauer wünscht man sich ein Happy End für Kurt, Courtney und ihre kleine Tochter, obwohl man das Ende ja bereits kennt: Wie viele große Künstler vor und nach ihm wird Kurt Cobain nicht älter als 27 Jahre. Er erschießt sich in seinem Haus in Seattle.
Der Film ist sicherlich kein Popcorn-Kino, da man einen intimen Einblick in die verstörende Wahrnehmung Cobains erhält. Man nimmt teil an seinem Leid und ist zwischenzeitlich auch überfordert von all den Widersprüchen, die sich in seiner Person vereinen. Dennoch ist es ein lohnenswerter Kinobesuch, denn die Dokumentation zeigt realistisch, welchen Preis Cobain für seine Kreativität und sein Talent gezahlt hat.
von Johanna Famulok