Auf dem Philosophenweg beschränkte ein Geländer den romantischen Altstadtblick.
Die Heidelberger sind vernarrt in die Romantik ihrer Stadt. Deren Höhepunkt gipfelt, im nahezu wahrsten Wortsinne, im Panoramablick, den man vom Philosophenweg aus über die Altstadt streifen lassen kann – vielmehr konnte – beziehungsweise nun doch wieder können wird?
Vor wenigen Wochen stand der genussvollen Aussicht ein schwarzer Balken im Wege. Genauer gesagt wurde Ende März das talseitige Geländer am Philosophenweg von einem guten Meter Höhe auf durchgehend mindestens 1,30 Meter erhöht. Dadurch begleitete den Spaziergänger ein steter Zensurbalken auf Augenhöhe. Schön war die Rohr-Geländer-Konstruktion am Philosophenweg nie, doch nun fiel das auch noch ausdrücklich ins Auge.
Es folgten massive Beschwerden: „Man fühlt sich eingezäunt, wie im Zoo!“, empört sich eine kleine Rentnerin, der das Geländer direkt auf Augenhöhe die Sicht beschränkt. Die RNZ konnte sich vor Leserbriefen kaum retten und die Stadt generierte ein automatisches Antwortschreiben, um überhaupt auf den Beschwerdewust reagieren zu können. Sogar das ZDF wurde auf den Aufruhr in Heidelberg aufmerksam.
Die Berichterstattung hatte zumeist ironischen Anklang, denn der Grund der Erhöhung ist abenteuerlich: Die Stadt stieß auf eine Bauvorschrift, die besagt, dass kombinierte Geh- und Radwege auf Brücken und Stützmetern eine Begrenzung mit einer Mindesthöhe von 1,30 Meter erfordern. Allerdings ist auf dem Philosophenweg das Radfahren ausdrücklich verboten. Auf Basis von Gerichtsurteilen fand sich die Kommune jedoch angehalten, sich an der tatsächlichen Situation zu orientieren. Und tatsächlich: Man begegnet auf dem Philosophenweg Radfahrern.
Daher bei einer spontanen rund 45.000 Euro kostenden Renovierung, gleich einige Stücke schwarzen Rohres auf die bestehende Geländer-Konstruktion geschweißt. Nachdem sich die Stadt von Beschwerden überrollt sah, erklärte Stadtsprecher Timm Herre: „Wir haben die rechtssicherste Lösung gewählt. Allerdings zeigte die Kritik der letzten Wochen, dass wir damit über das Ziel hinausgeschossen sind.“ Folglich wird nun wieder auf die Ausgangshöhe zurückgebaut. Das bedeutet eine weitere Investition und in die Arbeitskraft zweier städtischer Angestellter. Zu den genauen Kosten des Auf- und Rückbaus gibt die Stadt keine Auskunft: „Da die Erhöhung im Zuge einer Rundumrenovierung vorgenommen wurde, kann man das so genau nicht herausrechnen.“
Kurios ist nicht zuletzt, dass parallel bereits Vorbereitungen laufen, das Geländer grundsätzlich zu erneuern und dabei eine rechtlich wie ästhetisch vertretbare Lösung zu finden. Genaueres dazu soll noch diesen Sommer beschlossen sein. Der ruprecht macht sich schon mal auf Beschwerdepost gefasst.
von Christina Deinsberger