Die Wings University will offenen Zugang auch für Flüchtlinge bieten.
Viele Flüchtlinge haben vor ihrer Flucht bereits studiert oder einen Abschluss erlangt. Während des zähen Asylverfahrens in Deutschland bleibt ihnen der Zugang zu den Hochschulen allerdings verwehrt. Die neugegründete Wings University möchte das nun ändern. Die studentischen Gründer der Online-Universität haben sich zum Ziel gesetzt, speziell Flüchtlingen weltweit freien Zugang zu akademischer Bildung zu ermöglichen.
Die zukünftigen Studenten sollen per Internet auf die Materialien zugreifen und so schon in Camps und Erstaufnahmeeinrichtungen ihr Studium beginnen oder fortsetzen können. Die ersten Kurse sollen spätestens im Frühjahr 2016 starten. Nach und nach soll dann das Angebot ausgebaut werden; Kooperationen mit anderen Universitäten sind ebenfalls vorgesehen. Diese sind gerade deshalb wichtig, da angemessener Zugang zum Internet und Lernräume zum konzentrierten Arbeiten in vielen Unterkünften noch Mangelware sind. Dass auch einige etablierte Hochschulen bereits bedingt offen für Flüchtlinge sind, zeigen die Beispiele Bremen und Lüneburg: Dort können Flüchtlinge zumindest als Gasthörer an Veranstaltungen teilnehmen, jedoch keinen Abschluss erwerben.
An der Exzellenzuniversität Heidelberg ist man da noch etwas zögerlicher. Ein Antrag im StuRa zur Schaffung von Flüchtlingsstipendien im Herbst 2014 wurde zurückgezogen, seitdem ist es ruhig geworden um die universitäre Flüchtlingsarbeit. Das zurückhaltende Engagement seitens der Hochschule ist allerdings verwunderlich, hat die Universität Heidelberg doch vor kurzem die Charta der Vielfalt unterzeichnet sowie unter dem schicken Label ‚Diversity Management‘ „den Diversity-Gedanken als zeitgemäße Übersetzung des traditionellen Mottos ‚Semper Apertus‘“ in ihr Leitbild integriert. Zugegeben, Wissenschaftlern aus Drittstaaten steht die Universität durch die sogenannte Forscherrichtlinie schon jetzt offen – diejenigen, die am Anfang oder kurz vor Abschluss ihres akademischen Bildungsweges stehen, sind allerdings noch außen vor.
Deshalb sind Projekte wie die Wings University wichtig, denn sie verdeutlichen, dass auch die Universitäten noch lange nicht so offen sind wie sie vorgeben. Den Wert zwischenmenschlicher Kontakte und einen persönlichen Austausch mit Kommilitonen und Dozenten kann eine reine Online-Universität nicht ersetzen. Es wäre daher wünschenswert, dass auch die Universität Heidelberg, ihrem Wahlspruch folgend, ihren Teil zur Förderung und Integration angehender Akademiker auf der Suche nach Asyl beitragen würde.
von David Kirchgeßner