Das Zimmertheater Rottweil versucht sich im Zuge der Baden-Württembergischen Theatertage an der Inszenierung von Schillers bekanntestem Stück.
Schillers bürgerliches Trauerspiel Kabale und Liebe – eine gewisse Art Romeo und Julia mit Ständeproblem statt Familienfehde. Ferdinand liebt Luise. Luise liebt Ferdinand. Sie ist aber bürgerlich, er adelig und soll die von seinem Vater arrangierte Zweckehe mit Lady Milford, Mätresse des Fürsten, eingehen. Wurm, die rechte Hand des Präsidenten, Ferdinands Vater, will Luise für sich und hilft dem dabei eine so perfide wie simple Intrige zu spinnen, um die beiden Liebenden auseinanderzubringen. Kabale perfekt. Das Drama nimmt seinen Lauf. Im Zuge der Baden Württembergischen Theatertagen hat das Zimmertheater Rottweil, unter Regie von Peter Staatsmann, ebendieses Stück am 13. Juni im Zwinger aufgeführt. Mit nur vier Schauspielerinnen und Schauspielern, die je eine Doppelrolle spielen und einem drastisch reduzierten Bühnenbild. Die Inszenierung ist unter diesen Umständen ziemlich gut gelungen. Diese minimalistische Herangehensweise geht aber leider auch auf Kosten der Stückthematik.
Natürlich ist Kabale und Liebe auch eine Liebesgeschichte, unschwer am Titel zu erkennen, der ursprünglich, weniger publikumswirksam, Luise Millerin lautete. Aber es ist so viel mehr als das. Es ist auch eine empörte Kritik an der Willkürherrschaft, der Verschwendungssucht der Adligen und des Soldatenhandels des 18. Jahrhunderts. Das kommt zu kurz. Die berühmte Kammerdienerszene, in der Lady Milford die Augen über die Herkunft der „Blutdiamanten“, Geschenke des Fürsten, geöffnet werden, ist ohne Vorwissen in dieser Inszenierung nicht zu verstehen. Dass die bezeichnende Szene, in der die beiden weiblichen Hauptrollen Luise und Lady Milford (Pia-Micaela Barucki) aufeinandertreffen, aufgrund der Doppelbesetzung auf einen teils-verwirrend umgeschriebenen Monolog zusammenfällt, ist ebenfalls schade. Sich selbst in der verzweifelten Leidenschaft von Schillers Sprache ernst zu nehmen bei Sätzen wie „Der Himmel und Ferdinand reißen an meiner blutenden Seele“, gelingt der Schauspielerin mal mehr, mal weniger gut. Martin Olbertz brilliert in der Doppelrolle von Luises einfältig-hilflosem und Ferdinands berechnend-opportunistischen Vater.
Ferdinand (Andreas Ricci) steigert sich im Laufe des Stücks vom weltfrustrierten, idealistischen Jüngling zum rasend-eifersüchtigen, autoritären Liebhaber. In seiner undankbaren Zweitrolle als Wurm bleibt er weitgehend glanzlos. Und dann ist da noch der Hofmarschall von Kalb (Bagdasar Khachikyan), eine Witzrolle, in die Schiller die ganze Absurdität und Dekadenz des höfischen Lebens hineingeschrieben hat. Dieser tänzelt meist Arien trällernd mit grotesk geschminktem Clownsgesicht über die Bühne und trifft die Lächerlichkeit seiner Rolle somit sehr gut. Alles in allem eine solide Inszenierung. Auch wenn etwas weniger Fokus auf das unmögliche Liebesglück und etwas mehr Ausleuchtung der sozial-politischen Dimensionen von Unfreiheit und Absolutismus dem Stück gutgetan hätten.
von Dorina Marlen Heller