Der Heidelberger Verein NoName klärt bei Cryptopartys über Internetsicherheit und E-Mail-Verschlüsselung auf.
Geschriebene Botschaften wurden früher in Briefen versendet. Um sicherzugehen, dass die Botschaft nur von dem gewählten Empfänger gelesen wurde, konnte man den Brief etwa mit Wachs versiegeln. War das Siegel bei Empfang der Nachricht unbeschädigt, konnte der Empfänger davon ausgehen, dass er der erste war, der die Nachricht zu lesen bekam.
Heute schreiben wir E-Mails. Wie diese nach dem Senden den Weg zum Empfänger finden, und wer bis dorthin alles Zugriff auf die darin enthaltenen Informationen hatte, ist den meisten Nutzern ein Rätsel. Nur wenige durchschauen die Prozesse, die dem Datenverkehr zugrunde liegen. Sie sehen ein großes Gefahrenpotenzial: Spätestens seit der NSA-Affäre ist für sie gesichert, dass eine massenhafte Überwachung stattfindet. Nach Bekanntwerden solcher Überwachungsstrukturen, wird als Grund oft die öffentliche Sicherheit genannt, um etwa Terroranschlägen vorzubeugen. Experten im Bereich Internetsicherheit warnen jedoch seit Jahren, dass Firmen auch und besonders aus kommerziellen Gründen an Informationen interessiert sind und deshalb Nutzerdaten sammeln.
Um die breite Öffentlichkeit über die Gefahren der modernen Informationstechnik aufzuklären und hilfreiche Tipps zum Schutz der eigenen Daten zu geben, werden sogenannte Cryptopartys organisiert. „Crypto“ kommt von Cryptography, englisch für Kryptographie, also Verschlüsselung.
Auch der Heidelberger Vermein NoName veranstaltet solche Cryptopartys. An einem Treffen am Montagabend zum Thema „E-Mail-Verschlüsselung“ ist ein Seminarraum im Campus Bergheim gut gefüllt. Die Teilnehmer haben ausnahmslos einen aufgeklappten Laptop vor sich stehen. An diesem sollen später Programme für die E-Mail-Verschlüsselung eingerichtet werden. Doch zunächst beginnen die beiden Veranstalter Jonas Große Sundrup und Michael Herbst mit einer anschaulichen Einführung in das Thema: Auf Papier wird ein Brief geschrieben und durch die Reihen bis zum Empfänger gegeben. Nahezu jeder liest beim Weitergeben die kurze Nachricht. Nun wird ein neuer Brief geschrieben, mehrfach gefaltet und mit einem kleinen Vorhängeschloss zusammen getackert. Als diese Nachricht nun erneut durch die Reihen gegeben wird, bleibt den Beteiligten nur die Weitergabe übrig.
So wird klar: Wenn die Möglichkeit besteht, ohne großen Aufwand Informationen abzugreifen, wird das mit hoher Wahrscheinlichkeit auch getan. Die Cryptopartys sind für die Veranstalter ein Treffen, bei dem sie die Teilnehmer über diese Gefahr aufklären wollen. Des Weiteren wird aber auch vermittelt: „Man kann sich schützen!“ Denn Jonas Große Sundrup meint: „Die Inhaltsdaten – das, was ich mit jemandem austausche – sind etwas, das niemand anderen etwas angeht“. Eigentlich studiert der 23-jährige im 2. Mastersemester Physik, aber als Technik-Begeisterter ist es ihm ein Anliegen, den Leuten die Angst vor den Programmen zu nehmen und den Zugang zu E-Mail-Verschlüsselung zu ermöglichen: „Die Hemmschwelle für Leute, die nicht jeden Tag mit Technik zu tun haben, ist hoch. Ihnen fehlt der Einstieg. Mit den Cryptopartys wollen wir die riesige Menge an Informationen filtern, und einsteigerfreundlich aufbereiten.“
Und so passiert es: Die beiden erklären Schritt für Schritt, was zu tun ist, um die eigene Privatsphäre beim Senden von E-Mails zu schützen. Sie achten darauf, dass jeder Schritt bei jedem funktioniert hat, ob Linux, Windows oder Mac OS Nutzer. Das Installieren und Einrichten der Programme ist dann bereits nach einer halben Stunde erledigt, das Tagesziel somit erreicht. Wer nun noch nicht genug hat, kann das Gelernte vertiefen. Die beiden Veranstalter erklären Details und geben einen Ausblick über andere Aspekte zum Thema Internetsicherheit. Fast alle warten gespannt die Erklärungen ab. Am Ende des Treffens sind die beiden Veranstalter zufrieden. Das Thema Datenschutz scheint nicht nur für sie wichtig zu sein. So ist sich Große Sundrup sicher, „dass viele Leute ein Interesse daran haben, ihre Privatsphäre zu schützen“. Dies zeige sich auch an der Menge von Leuten, die zu den Cryptopartys kämen.
Der Verein NoName finanziert sich durch Mitgliegsbeiträge und Spenden. Jedoch geht es wie so oft nicht ohne viel ehrenamtliches Engagement der Technik-Interessierten. Sie setzen sich vor allem aus Studenten und Softwareentwicklern zusammen. Angeboten werden auch andere Cryptopartys zu verwandten Themen, wie Anonymität im Internet oder Smartphone-Kommunikation. Zusätzlich werden allgemeine Gesprächsrunden zum Thema „Datenschutz und Überwachung“ organisiert. Termine sind nachzulesen unter: https://www.noname-ev.de/cryptoparty.html.
von Jasper Bischofberger