Laden für Unverpacktes öffnet in Neuenheim.
Üblicherweise türmen sich nach dem Lebensmitteleinkauf Verpackungen jeglicher Art, die nach dem Transport sogleich in der Tonne landen. Diese Verschwendung zu vermeiden, haben sich verpackungsfreie Läden auf die Fahnen geschrieben. Am 18. Juni hat „Annas Unverpacktes“ in der Ladenburger Straße 37 eröffnet, ein kleiner Bioladen, der ganz ohne Plastikverpackungen auskommt.
Beinahe märchenhaft vollzogen sich die Tage vor und nach der Eröffnung. Reporter von Radio Regenbogen kamen per Zufall vorbei und berichteten sogleich über die Neueröffnung. Auf Facebook erhielt der Beitrag innerhalb weniger Stunden über 800 Likes. Geradezu überwältigt ist Inhaberin Anna Wahala von den sich überschlagenden Ereignissen. Ihr Laden wurde über Nacht bekannt – ohne dass sie selbst einen Finger gerührt hätte. Nach nur einem Tag wurden ihr bereits je ein Ladengeschäft in Mannheim und in Hamburg angeboten. Während des Gespräches redet sie ohne Unterlass, eingenommen vom Rausch der anfänglichen Unternehmereuphorie. Auch nach zwei Wochen ist die Begeisterung längst nicht verebbt. Zwischenzeitlich war der SWR da, auch das Fernsehen hat sich angekündigt.
Wer in dem kleinen Raum nach Milchprodukten sowie Obst und Gemüse Ausschau hält, wird nicht fündig. Der Laden stellt eine Ergänzung zu dem übrigen Angebot in und um die Ladenburger Straße dar. Und da gibt es bereits zweimal wöchentlich einen Wochenmarkt und in wenigen hundert Metern Umkreis einen Metzger, eine Kaffeerösterei und diverse Feinkostläden. So setzt Anna nun auf Trockenware: In den transparenten Behältern stehen allerlei Nudeln, Getreidesorten, Hülsenfrüchte und Süßwaren zur Verfügung. Neben Lebensmitteln gibt es ein begrenztes Sortiment an Küchenutensilien, von Kochlöffeln bis Tupperware. Auch dabei legt sie Wert auf Regionalität und Nachhaltigkeit. Die Ware ist größtenteils im Süden Deutschlands produziert; einige Dosen sind auf Basis von Zuckerrohrmelasse hergestellt.
In Berlin am Schlesischen Tor eröffnete im September vergangenen Jahres der erste verpackungsfreie Laden Deutschlands. In den letzten Monaten zogen Standorte in Mainz, Kiel und Bonn nach. Der rasante Erfolg des Konzepts könnte sich durch seine breite Akzeptanz erklären: Müll vermeiden ist gesellschaftlich erwünscht und polarisiert die Gemüter weitaus weniger als eine vegane Lebensweise. Trotzdem: Beinahe unheimlich mutet der ungebremste Hype an, der um den kleinen Laden floriert. Zumal das Konzept in Heidelberg keine Neuheit ist. Bereits seit über 20 Jahren bietet die selbstverwaltete Lebensmittelkooperative „Appel un’ Ei“ im Neuenheimer Feld unverpackte Lebensmittel an – zu einem Preis, der kaum über dem Einkaufspreis im Großhandel liegt, da keiner der Beteiligten Profit aus dem Unternehmen zieht.
Worin liegt nun Annas Erfolg begründet? Schlicht und doch schick, unaufdringlich und zugleich einladend: Der Laden in Neuenheim bringt verpackungsfreie Lebensmittel nicht nur räumlich ins Zentrum der bürgerlichen Mitte Heidelbergs.
von Margarete Over
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