Mit dem Titel „Spectre“ geht die James-Bond-Reihe mit Daniel Craig in eine neue Runde.
Nach einem spektakulären Auftakt in Mexiko-Stadt während der Feierlichkeiten für den Tag der Toten, in der in typischer Bond-Manier erst einmal ein ganzes Haus dem Erdboden gleich gemacht wird, wird Bond für dieses eigenmächtige Handeln suspendiert. Doch der hat sich von Bürokratie sowieso noch nie aufhalten lassen und macht sich auf den Weg nach Rom, wo er mit der Terror-Organisation Spectre in Kontakt kommt.
Währenddessen hat man im MI6 in London noch ganz andere Probleme: Die Organisationen MI5 und MI6 sollen zusammengelegt, das Doppel-Null-Programm geschlossen werden. Außerdem soll es eine Kooperation von den Geheimdiensten von neun Ländern geben, das sogenannte Neun-Augen-System.
Bond trifft in der Zwischenzeit auf immer mehr alte Bekannte und spätestens beim Auftritt der weißen Perserkatze sollte den eingefleischten Bond-Fans klar sein, um wen es sich bei dem finsteren Gegner dieses Films handelt.
Der Film schneidet das Thema des Überwachungsstaates an, um M zu zitieren: „George Orwells schlimmster Alptraum.“ Überwachung ist im Film allgegenwärtig, sie ist ein zentraler Dreh- und Angelpunkt. Bond, M, Moneypenny, Q, es gibt niemandem, der sich der Überwachung entziehen kann. In einem Gespräch zwischen M und C, dem Anführer der Joint Intelligence Service, werden zwei Sichtweisen auf dieses Thema deutlich. Es ist einer der tiefsinnigeren Bond-Filme, es herrscht angestrengte Ernsthaftigkeit, die zum Nachdenken anregt.
Was selbstverständlich in keinem Bond-Streifen fehlen darf, ist eine angemessene Verfolgungsjagd. Kaum ein Fahrzeug, das 007 besteigt, verlässt er auch wieder unversehrt und in gutem Zustand, vollkommen egal ob Auto, Hubschrauber, Zug oder Flugzeug. Doch die erste Verfolgungsjagd (per Auto) in Rom wirkt, als habe der Denkmalschutz-Beauftragte der Stadt Regie geführt. Doch in den österreichischen Alpen kommt es zu einer weiteren, dieses Mal weitaus spektakuläreren Verfolgungsjagd: Auto gegen Flugzeug.
Insbesondere die Organisation QUANTUM spielt eine tragende Rolle: ihre Zukunft blieb im Film „Ein Quantum Trost“ unklar, doch dieser lose Handlungsfaden wird in „Spectre“ aufgenommen und geschickt eingewoben. Die gesamte Handlung wirkt jedoch etwas episodenhaft, da sie zu Ende führt, was in „Casino Royale“ begonnen wurde, sich in „Ein Quantum Trost“ fortsetzte und in „Skyfall“ seinen Höhepunkt fand. Das führt auch dazu, dass man der Handlung streckenweise nur schwer folgen kann.
Es wird vieles vereint, was in einen guten Bond gehört: Stunts, Autos, Frauen, Schurken, trockener Humor. Doch die Seele des Films bleibt ein wenig auf der Strecke. Es scheint mehr so, als ginge es gar nicht um den Kampf gegen die Schurken, sondern die eine Jagd nach Phantomen der Vergangenheit, die schon in „Skyfall“ begann. Bond kämpft nicht nur für den Weltfrieden, sondern ringt auch mit einer ganzen Menge Weltschmerz und versucht, in dieser kaputten Welt wenigstens etwas Ordnung zu schaffen.
Der Film endet fast, wie er anfängt: mit einem vollkommen demolierten Hubschrauber und einer ordentlichen Explosion. Klar ist: Bonds Kampf gegen das Böse in der Welt wird nie enden, denn das Böse erfindet sich immer wieder neu. Genau wie Bond.
Von Verena Mengen