Der 6. Heidelberger Science Slam im Karlstorbahnhof machte Wissenschaft bühnentauglich.
„Das Halbwissen muss aufhören!“, mit diesem Appell an den Abend eröffnete Moritz Zaiß letzten Dienstag den 6. Heidelberger Science Slam. Zaiß moderierte in der Rolle des Doc Brown das Programm. Poetry Slams sind dank einer breiten Youtube-Fangemeinde sehr populär. Wer aber seinen Slammerhorizont erweitern möchte, der sollte sich einen Science Slam anschauen.
Das Publikum konnte an diesem Abend einige höchstkomplizierte Begrifflichkeiten in ihr Vokabular aufnehmen, hinter denen meistens einfache Erklärungen steckten. Diese Erklärungen und ihre amüsanten Ausführungen lieferten sechs Slammer, die aus unterschiedlichen Städten und Fachbereichen nach Heidelberg gekommen waren.
Sabina Pauen fungierte als Eisbrecherin, um das Publikum auf die bevorstehenden Darbietungen vorzubereiten. Mit der Versuchsfrage, ob kausales Denken angeboren ist, ließt die Heidelberger Psychologieprofessorin Filmsequenzen abspielen in denen ein Baby mit den Augen ein sich bewegendes Objekt verfolgt. Ungewollterweise war aber nicht nur das Baby, sondern auch die Mutter äußerst fasziniert.
„Chemie – das war das komische Zeug, das ich in der Schule nie auswendig lernen konnte.“ Matthias Beyer beschrieb Moleküle als Partygäste, Katalysatoren als Bier und Musik und machte degenerative Hybridpolimere dadurch endlich mal verständlich(er).
Unter einem Vegetarier kann man sich etwas vorstellen. Unter Mobilität auch. Aber was ist vegetarische Mobilität? Simon Funke, Wirtschaftsingenieur aus Karlsruhe, stellte in seinem Slam die Fahrweise der Zukunft vor: das Elektroauto. Mobile Fleischfresser seien demnach Diesel und Benziner und die Vegetarier strombetriebene Mobile. Also sind Veganer die mit dem Ökostrom.
Weil dem Mannheimer sein Name Gerrit Lembke zu viele Konsonanten enthielt, nahm der Literaturwissenschaftler dankbar den Namen seiner Frau an. Damit bildet er munter Anagramme. Aus Gerrit Lungershausen wurde „General IT Hurengruss“, der auf sehr amüsante Weise seine „drei Punkte, die ihr braucht um gute Schriftsteller zu werden“ slammte.
Einen von Haus aus exotisch klingenden Namen hat der Mediziner Johannes Hinrich von Borstel aus Marburg. Selbst schon eine Youtube-Berühmtheit und ein, wie sich herausstellte, musikalisches Ausnahmetalent. Er konnte zu „Quit playing games with my heart“ und „Highway to Hell“ bei der Herzmassage perfekt den Takt halten und die Herzrhythmen auf einem Cardiogramm mittanzen. Sein Berufsziel: Rettungsarzt. Zum Abschluss gab es eine Lektion in „die Welt unterjochen in drei ganz einfachen Schritten“ aus Sicht der Biologie. Die Heidelbergerin Anna Müller zeigte, was passiert, wenn es Zellen unbequem wird, wie zum Beispiel bei radioaktiver Bestrahlung. Zudem sollte man sich vor kaliumreichen Bananen in Acht nehmen, da Kalium radioaktiv ist.
Das erleuchtete und nun deutlich klügere Publikum wählte durch das Applausometer seinen Favoriten. Am Ende des Abends erhielten ein stolzer Chemiker und ein etwas aus der Puste geratener Mediziner die goldenen Boxhandschuhe des 6. Heidelberger Science Slams. Wäre die Wissenschaft nur immer so anschaulich und unterhaltsam, dann hätte die Menschheit weniger Halbwissen und deutlich mehr Spaß an komplizierten Begriffen.
von Sofie Vetter, Fynn Bachmann