Die Initiative „Offene Uni“ kritisiert die bisherigen Studienmöglichkeiten in Heidelberg. Wie können Flüchtlinge dennoch hier studieren? Eine Task-Force soll neue Angebote schaffen.
Von Universitäten aus dem gesamten Bundesgebiet kamen in den letzten Monaten die Meldungen zu Programmen für studieninteressierte Flüchtlinge. Nur in Heidelberg blieb es lange ruhig. Mit der Einberufung einer Task-Force unter dem Vorsitz der Prorektorin für Studium und Lehre, Beatrix Busse, hat die Uni im September reagiert. Doch es gibt weiterhin Kritik aus den Reihen studentischer Gruppen.
Lehrende, Verwaltungsmitarbeiter und Studentenvertreter sollen in der neu geschaffenen Task-Force bestehende Initiativen und Projekte koordinieren, aber auch neue Hilfsangebote entwickeln, so Busse. „Wir wollten allen engagierten Mitgliedern der Universität eine gemeinsame Plattform zur Vernetzung und Information bieten und gleichzeitig Unterstützungsmaßnahmen für Flüchtlinge, die in den Kompetenzbereichen der Universität liegen, anregen und begleiten.“
Dass bisher die Kommunikation bestehender Möglichkeiten und Angebote mangelhaft gewesen sei, ist einer der Kritikpunkte der Initiative „Offene Uni Heidelberg“, die im September durch Studenten von Uni und PH gegründet wurde, um Asylsuchenden den Zugang zur Hochschule zu ermöglichen. Die Gruppe kritisiert zudem das bürokratische Zulassungsverfahren und die Gebühren für das Gasthörerprogramm.
Mittlerweile hat die Uni teilweise auf die Kritik reagiert, und ihre Website mit den Angeboten für studieninteressierte Flüchtlinge aktualisiert. Auch wurden eine Flüchtlingsbeauftrage benannt und die Beratungsangebote im Studierendenportal ausgebaut.
Rechtlich gesehen können Asylsuchende in Baden-Württemberg jederzeit ein Studium fortsetzen oder beginnen – unabhängig vom Aufenthaltsstatus. Nötig ist aber ein Nachweis der hochschulrechtlichen Voraussetzungen, wie bei allen ausländischen Studierenden aus Nicht-EU-Staaten, so das Dezernat Internationale Beziehungen. Der Flüchtlingsstatus werde im Auswahlverfahren für zulassungsbeschränkte grundständige Studiengänge berücksichtigt. Fehlen die entsprechenden Dokumente, etwa weil sie auf der langen Flucht verloren gegangen sind, wird es jedoch schwierig.
An der Universität des Saarlandes können Studieninteressierte mit Fluchthintergrund über einen Test trotzdem zum Studium zugelassen werden. Diese Möglichkeit lehnt man in Heidelberg allerdings ab, mit Bezug auf den Gleichbehandlungssatz im Grundgesetz. Eine andere Möglichkeit zur Teilnahme am Hochschulunterricht ist das reguläre Gasthörerprogramm. Hier gelten auch für Flüchtlinge die bestehenden Regelungen – also begrenzte Wochenstundenzahl, Einschränkung auf Vorlesungen NC-freier Fächer und Gebühren. Immerhin: „Um sich als Gasthörer/in anzumelden, bedarf es keiner besonderen Qualifikation. Ein besonderer Schulabschluss ist nicht erforderlich“, heißt es im lediglich auf Deutsch verfügbaren Merkblatt. Laut Uni gibt es hier für Flüchtlinge „in Einzelfällen und auf Antrag die Möglichkeit, eine Befreiung beziehungsweise Stundung von bestimmten anfallenden Gebühren zu beantragen.“ Aktuell besteht außerdem ein Förderprogramm des Landes, in dem 50 Flüchtlinge aus Syrien unterstützt werden, wovon auch einige an der Universität Heidelberg sind.
Die Aktivisten von „Offene Uni Heidelberg“ betrachten das Gasthörerprogramm als sinnvoll, hilfreicher sei allerdings eine Einschreibung der Flüchtlinge als Austauschstudenten. Im Rahmen eines solchen Kurzzeitstudiums könnten auch anrechenbare Studienleistungen erworben werden. Als Vorbild wird hier die Münchner Uni LMU angeführt. Größtes Hindernis für ein erfolgreiches Studium sind auch nach Ansicht der Gruppe oft die mangelhaften Deutschkenntnisse der Geflüchteten. Hier sollen die Angebote am Internationalen Studienzentrum (ISZ) ansetzen, wo derzeit ein Teil der syrischen Baden-Württemberg-Stipendiaten unterrichtet wird, aber auch Flüchtlinge außerhalb dieses Programms. Wegen der großen Nachfrage habe man außerdem bereits ein Konzept für die Einrichtung zusätzlicher Deutsch- und Integrationskurse erarbeitet. Das Institut für Deutsch als Fremdsprache bietet einen Konversationskurs für Flüchtlinge an sowie Fortbildungen für Ehrenamtliche.
Derweil beginnen auch die Fakultäten, eigene Angebote für Asylsuchende zu schaffen: Die Juristische Fakultät führt beispielsweise eine Rechtsberatung für Flüchtlinge durch, das Institut für Übersetzen und Dolmetschen bietet Übersetzungsdienste in den Flüchtlingsunterkünften an. Dabei handelt es sich allerdings eher um Dienstleistungen, als um eine Einbeziehung in den Lehrbetrieb. Es bleiben für die Task-Force also noch zahlreiche Fragen zu klären und Türen zu öffnen. Beispiele wie es weiter gehen kann, sind ausreichend vorhanden.
Von David Kirchgeßner