Aufgrund der schwachen Wirtschaft droht die Asylpolitik Spaniens zu scheitern.
Studenten haben nun eine Initiative zur Unterstützung von Flüchtlingen gegründet.Besucher der Autonomen Universität Madrid werden zur Zeit bereits am Ausgang der Bahnstation mit diversen Protestaufrufen konfrontiert. Zwei Studenten liegen, eingehüllt in Aluminiumfolie, mitten auf dem Weg, um gegen sexuelle Gewalt zu protestieren. Banner kündigen Demos und Infoveranstaltungen an. Darunter findet sich auch das Plakat der neugegründeten studentischen Vereinigung „Asamblea bienvenidxs refugiadxs UAM“: Eine Woche lang sammeln Studenten auf dem Campus Kleidung, Verpflegung, Hygieneartikel und jede Art von Spenden für Flüchtlinge. Die Aktion trifft auf große Resonanz. Am Donnerstagmittag ist der Einkaufswagen, den die Studenten zum Transport benutzen, nach einer halben Stunde voll mit Kleiderspenden.
Spanien zeichnet sich durch eine restriktive Flüchtlingspolitik aus. Nicht zuletzt wegen der bürokratischen Hürden erreicht das Land mit etwa 5500 Asylanträgen im Jahr, gemessen an der Einwohnerzahl einen der niedrigsten Werte der Europäischen Union. „Somos en crisis“, hört man bei jeder Gelegenheit, zu Deutsch, das Land steckt in der Krise. 22 Prozent Arbeitslosigkeit, niedrige Löhne und teure Bildung: Die wirtschaftliche Situation dient vielen als Ausrede. Wenn es schon für uns nicht reicht, wie sollen wir anderen etwas geben? „Dass man die wirtschaftlichen Probleme nicht mit den existenziellen Bedürfnissen der Flüchtlinge vergleichen kann, das erscheint nicht in den Nachrichten“, sagt Yasmin, die an der Gründung der Initiative beteiligt war. Die Psychologiestudentin wurde in Spanien geboren. Ihre Eltern kamen vor über 20 Jahren aus Syrien nach Madrid. Weil sie selbst viele Flüchtlingsschicksale kennt, ist sie verantwortlich für die Aufnahme und Vermittlung von Kontakten. „Die Menschen kommen nicht mit der Illusion hierher, reich zu werden. Sie flüchten aus ihrer Heimat, weil sie Krieg, Vergewaltigungen und Folter erlebt haben und Angst um sich und ihre Familie haben“, sagt sie.
Die Studenten wollen sich auch um Einzelschicksale kümmern, wie das von Hala, einer Kunststudentin aus Syrien. Wegen der hohen Gebühren kann sie in Madrid ihr Studium nicht fortsetzen. Andererseits findet sie ohne Abschluss keine Arbeit. So geht es vielen. „Nach sechs Monaten im Flüchtlingsheim setzt dich der Staat mit 50 Euro im Monat auf die Straße“, berichtet Yasmin, „Wie weit sollst du mit 50 Euro kommen?“ Die Universitäten hätten unterschrieben, dass sie Flüchtlingen kostenlos Bildung anbieten würden. Halten würden sie sich daran aber nicht. „Deshalb organisieren wir Proteste“, erklärt Yasmin, „um Druck auf das Rektorat auszuüben.“
Nach zwei Monaten hat die Gruppe schon über 50 aktive Mitglieder, bald wollen sich die Studenten mit Initiativen anderer Universitäten zusammenschließen. Um Aufmerksamkeit zu erregen, haben sie einen Grenzzaun im Campus aufgebaut und Szenen gedreht, in denen als Polizisten verkleidete Studenten Passanten mit Schlagstöcken wegdrängen. Das Video stellen sie auf ihre Facebookseite. Weitere Aktionen sind in Planung.
Yasmin ist überzeugt, dass sich die Situation verbessern muss: „Aber damit die Regierung sich bewegt, müssen wir uns bewegen. Die Veränderung muss aus der Bevölkerung kommen, von unten nach oben.“
von Janina Schuhmacher