Von urbanem Groove bis zu ländlichem Blues – „James Farm“ bei Enjoy-Jazz.
„Ladies and Gentlemen. Aaron Parks, Matt Penman, Eric Harland. I am Josharsd… ääh Joshua Redman!“, so die Abmoderation der Saxophon-Legende Joshua Redman beim großen „James Farm“ Konzert in der Stadthalle am 9. November. Nach so einem Abend kann der eigene Name schon einmal in Vergessenheit geraten. Für eineinhalb Stunden vereinnahmten die vier Shootingstars die Bühne: Sie wanden sich in den Klängen der Musik, die sie vorantrieben, nur um dann plötzlich innezuhalten; in der sie pathetisch glorreich schwelgten, nur um im nächsten Moment innig, zärtlich zu werden.
Parks, Penman, Harland und Redman sind jeder für sich Koryphäen des Jazz. In dem Ensemble „James Farm“ haben sie sich zu einem gleichberechtigten, akustischen Quartett zusammengefunden und präsentieren ein Programm, das vor allem mit Eigenkompositionen auftrumpft, ohne dass der klassische Standard fehlen darf. Ihre Musik beschreiben sie selbst als „City Folk“: großstädtischen, coolen, modernen Jazz gepaart mit dem Idyll, mit der Ruhe und Romantik, mit dem Blues des Ländlichen.
Gespickt von klassischen und auch zeitgenössischen Einflüssen, von Soul und Funk bis hin zu Radiohead, wenn auch überraschend tonal, vergeht das Konzert im Flug. Aaron Parks wechselt behände zwischen Flügel und Keyboard, ohne seinen unverwechselbar eleganten, romantischen Klang zu verlieren. Eric Harland spielt die Drums mit hartem, rockigem Schlag, zieht sich plötzlich in leisen Groove zurück und hält den Tontechniker damit auf Trab. Joshua Redman liebkost das Saxophon, entlockt ihm Farben, Ecken und Kanten. Matt Penman dehnt die Möglichkeiten seines Basses auf die eines Saxophons und schleudert dem Publikum undenkbare Arpeggien entgegen. Das Zusammenspiel ist präzise, furios und körperlich – Jazz erster Liga, Jazz von Weltklasse, das steht außer Frage.
Und doch wird man das Gefühl nicht los, dass einem da etwas entgeht, dass das Konzert in erster Linie professionell durchgezogen wird: Die Ansagen sind (bis auf den letzten Namensversprecher vielleicht) glatt, jeder Witz vorbereitet, die Zugaben lassen nicht lange auf sich warten, das Licht nach Schluss auch nicht. Auf der Bühne stehen vier Vollprofis. Was passieren würde, wenn diese sich vom Mantel der Professionalität befreiten, Risiko wagten, mit ganzer Kraft sich von der Musik verschlingen ließen? Der Raum würde explodieren und abbrennen. So haben wir immerhin das Lodern erhaschen können.
von Christina Deinsberger