Fragen an die streitbare Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD).
Welche Rolle spielen für Sie ehrenamtliche Helfer und Angebote in den Unterkünften?
Bilkay Öney: Ich bin viel im Land unterwegs und besuche Flüchtlingsunterkünfte. Dort bin ich bislang überall auf sehr engagierte Freiwillige getroffen, die einen enormen Beitrag leisten – und das ist nicht selbstverständlich. Ohne dieses Engagement wäre vieles gar nicht möglich. Das gilt auch für die Hauptamtlichen in der Verwaltung, in Schulen und Kindergärten, bei der Polizei, beim Roten Kreuz und den anderen Hilfsorganisationen sowie den Kirchen. Sie alle sind derzeit sehr gefordert. Und sie leisten sehr viel.
War die aktuelle Flüchtlingskrise bei Ihrem Amtsantritt 2011 absehbar?
Nein, damals hatten wir eine einzige Landeserstaufnahmestelle in Karlsruhe mit 900 Plätzen, die mit 600 Flüchtlingen belegt war und völlig ausreichte. Innerhalb kurzer Zeit haben wir unsere Erstaufnahmekapazitäten dezentral auf über zwei Dutzend Standorte im ganzen Land massiv ausgebaut. Wir haben also die Platzzahl vervierzigfacht. Diese Kapazität werden wir noch weiter ausbauen müssen.
Die Zeit schreibt in einem Porträt über Sie: „Bilkay Öney legt sich einfach gerne mit allen an.“ Stimmt das?
Ich spreche offen an, wie die Lage bei meinen politischen Themen ist. Das hat nichts mit Anlegen zu tun, sondern mit Ehrlichkeit.
Wie beurteilen Sie die Ergebnisse des jüngsten Flüchtlingsgipfels der Bundesregierung vom 5. November?
Die Diskussion um Transitzonen hat sich vor allem darum gedreht, wie wir mit Asylbewerbern aus sicheren Herkunftsländern umgehen sollen. Diese machen allerdings derzeit nur noch einen einstelligen Prozentanteil aller Asylbewerber aus. Insofern ist es gut, dass diese Diskussion beendet ist und sich die Koalition auf Registrierungsstellen nach dem baden-württembergischen Modell geeinigt hat. Das Heidelberger Registrierungszentrum ist hier bundesweit Vorbild.
Sehen Sie bei den Hochschulen besonderes Integrationspotenzial?
Die Hochschulen waren schon immer internationale Orte, an denen verschiedene Kulturen und Nationalitäten zusammen gelernt und geforscht haben. Dort gibt es notwendiges Fach- und Expertenwissen auch für den Bereich Integration. Nach dem Studienabschluss haben qualifizierte Fachkräfte gute Aussichten auf einen Job. Das Land hat beispielsweise ein erfolgreiches Stipendienprogramm für syrische Flüchtlinge aufgelegt. Die größeren Herausforderungen bei der Integration erwarten uns aber wohl eher außerhalb der Hochschulen.
Heidelberg rühmt sich gerne einer positiven Einstellung zur Aufnahme von Flüchtlingen. Zu Recht?
Gerade mit dem neuen Registrierungszentrum hat Heidelberg eine zentrale Rolle bei der Flüchtlingsaufnahme in Baden-Württemberg übernommen. Das hätte die Stadt nicht gemacht, wenn es hier keine positive Einstellung gäbe.
Möchten Sie den Bürgern in Heidelberg noch etwas mitgeben?
Die Herausforderung im Bereich Flüchtlingsaufnahme und Integration wird uns noch lange beschäftigen. Dabei kann es auch negative Begleiterscheinungen geben. Ich setze aber weiterhin auf das gute und große Engagement der Stadt und seiner Bürger, damit wir die Probleme gemeinsam lösen können.
Das Gespräch führte David Kirchgeßner.