Wanda geben ihr Heidelberg-Debüt in der ausverkauften halle02 – ein Fest mit apokalyptischen Zügen. Wir waren dabei.
Saufen. Amore. Ab und zu Angst vorm Sterben. Gescheiterte Amore. Und noch ein Schnaps drauf. Darüber singt die fünfköpfige, österreichische Band in ihren zwei Alben hauptsächlich. Wandas Karriereweg mit „steil“ zu beschreiben wäre die Untertreibung schlechthin. Angefangen haben sie in verrauchten Kneipen, inzwischen füllen sie die großen Hallen.
„Das wird schlimm Heidelberg, das wird böse mit uns enden“, ruft Marco Wanda, der eigentlich Michael Marco Fitzthum heißt, ins Mikrofon und die Menge grölt. Das Hemd unter der obligatorischen Lederjacke ist von Anfang an aufgeknöpft und als er später mit der Schnapsflasche in der Hand in die Menge springt, sich auf Händen weiterreichen lässt und mit seinen Fans auf Tuchfühlung geht, scheint er das zu genießen. Es passt zu seiner Attitüde – charmant, großkotzig und mit einem Hang zur Selbstzerstörung.
Die Zerstörungslust macht aber allerdings auch nicht Halt vor dysfunktionalen Mikrofonständern. Mit denen prügelt Marco Wanda schon mal auf den Bühnenboden ein, wenn es ihm zu blöd wird. Als der Techniker das defekte Teil dann ausgetauscht hat, fallen sie sich in die Arme. Amore.
Das Publikum liebt Wanda. Und Wanda lieben ihr Publikum – „Wir würden auch für zehn von euch spielen“, ruft Marco Wanda seinen Fans zu. Die Mehrheit kann die Lieder Wort für Wort auswendig mitsingen, auch neuere wie „Luzia“, „1, 2, 3, 4“ oder „Meine beiden Schwestern“. Bei Bologna, Wandas (in)offizieller Hymne (Wenn einer fragt wofür du stehst / sag für Amore), rastet der Saal endgültig aus. Es ist ein gutes Ausrasten.
In Wien kennt fast jeder wen, der Wanda kennt. Eine Bekannte von mir hat mit Marco Wanda studiert, ein anderer ist ebenfalls Stammkunde im Leopoldistüberl, wo sich die Band regelmäßig die Kante gibt. Aber der Wanda-Hype macht nicht an der Landesgrenze halt – auch viele der Konzerte ihrer großen Deutschland-Herbst-Tour waren schon lange im Voraus ausverkauft. Der Sprung in die nächste Liga scheint mit ihrer zweiten Platte, die bei Universal erschien, geschafft.
Es wundert nicht, dass die Wiener Machos so gut in Deutschland ankommen. Was sich in Wien bewährt und die (zumindest anfängliche) feindselige Zurückhaltung der ÖsterreicherInnen gegenüber allem, was aus ihrer Mitte kommt und potentiell gut ist, übersteht, geht in Deutschland erst so richtig ab. Falco, Freud oder Thomas Bernhard beweisen das.
Und man hat in Österreich lange auf sowas wie Wanda gewartet. Während das deutsche Musikbusiness mehr und mehr im Mainstream versinkt, haben sich in dessen Schatten, jenseits der deutschen Grenze, junge, spannende MusikerInnen entwickelt. Man denke an Soap&Skin, Bilderbuch, Der Nino aus Wien und jetzt eben auch Wanda. Deren unfassbarer Erfolg bei Kritikern und Publikum verleitet aber immer wieder dazu nach Erklärungen und Theorien zu suchen. Laut der Wiener Erfolgs-Bloggerin und Autorin Stefanie Sargnagel sehen die Journalisten in Wanda: „den letzten kraftvollen Brunftschrei, das letzte verzweifelte Schwanz-Rausholen, bevor das Matriarchat endgültig eingeläutet wird und die Gender-Diktatorinnen die Kastrationsbestecke wetzen“. Sie selbst schwankt zwischen Faszination und Ekel um schließlich trotzdem einzugestehen, dass die Band sie mit ihren „satanischen Messen, die sie Konzerte nennen“ überzeugt habe. Wanda kann sich niemand entziehen. Sie sind jung und talentiert, sie sind voller Energie und unglaublich erfolgreich. Ihre Art zu spielen, hat fast schon was Verzweifeltes. Als würde hinter ihnen die Welt untergehen, als wäre das die letzte Party, die letzte Zigarette, das letzte Mal alles geben.
Aber über diese Band ist schon zu viel gesagt worden. Zu viel analysiert, zitiert und gedeutet. Zeit ihre Musik für sich sprechen zu lassen.
Setlist: Luzia / Schickt mir die Post / Bleib wo du warst / Mona Lisa der Lobau / Meine beiden Schwestern / Stehengelassene Weinflaschen / Das wär schön / Auseinandergehen ist schwer / Gib mir alles / Ich will Schnaps / Bologna // 1, 2, 3, 4 / A Hard Day’s Night / Dass es uns überhaupt gegeben hat / Luzia
Von Dorina Marlen Heller
Damit ihr gleich reinhören könnt, der Titelsong des 2. Wanda-Albums „Bussi Baby“:
Und Wandas Hymne: