Eine kleine Weihnachtsgeschichte über Plätzchen ohne Ofen und Geschenke im letzten Momen.
[dropcap]A[/dropcap]lle Jahre wieder kommt die Adventszeit. In immer mehr Schaufenstern tauchen nach und nach kleine Weihnachtsbäume auf. Wenn ich durch die Stadt laufe, rieche ich Glühwein, Crêpes und andere Leckereien. Überall in der Stadt ist der Weihnachtsmarkt und an den einzelnen Instituten gibt es Weihnachtsfeiern. Über Glühwein und Feuerzangenbowle vergesse ich etwas die Zeit und am 22. Dezember kommt Weihnachten dann plötzlich sehr überraschend. Noch zwei Tage bis Heiligabend. Der Puls geht hoch. Über all dem netten Zusammensitzen habe ich die Sache mit den Geschenken für die Lieben völlig vergessen. Dabei wollte ich doch dieses Jahr viel früher anfangen und alles besser machen. Naja, daran ist wohl nichts mehr zu ändern, also ran an die Geschenke. Schließlich habe ich noch zwei Tage.
Ich setze mich an den Computer und befrage das Internet zu Last-Minute-Geschenkideen. Und tatsächlich werde ich fündig: Selbstgemachte Marmelade. Neben der aufwendigen Variante mit ganzen Früchten lassen sich auch die Glühweinreste von der WG-Weihnachtsfeier sehr gut zu Marmelade verarbeiten. Man braucht: Glühwein und Gelierzucker. Den Zucker bekommt man in jedem Supermarkt oder wenn es knapp wird, an der Tankstelle. Für die Variante mit Glühwein lohnt es sich, Gelierzucker zu kaufen, der im Verhältnis drei zu eins gemischt wird, damit die Marmelade etwas süßer wird. Außerdem braucht man noch ein paar leere Gläser mit Metalldeckel.
Den Glühwein gibt man zusammen mit dem Zucker kalt in einen möglichst großen Topf, damit die Marmelade nicht überkocht. Wenn man noch ein paar Orangen, Himbeeren oder Aprikosen hat, kann man diese schälen und ebenfalls dazugeben. Nun kocht man die Mischung für die angegebene Zeit (meist nur ein paar Minuten) und füllt sie in die bereitgestellten Gläser. Damit keine Luft hineinkommt, die Gläser am besten auf den Kopf stellen. Nach dem Kochen enthält die Mischung übrigens keinen Alkohol mehr, weil dieser verdampft. Nachdem die Marmelade abgekühlt ist, kann man die Gläser noch mit einer Serviette oder Geschenkpapier verschönern. Insgesamt dauert die Herstellung etwa eine Stunde.
Nun habe ich also ein paar Gläser Marmelade und noch ein bisschen Zeit. Beim Kochen habe ich in der Küche Blockschokolade gefunden. Das erinnert mich an die Trinkschokolade, die man um diese Jahreszeit überall kaufen kann. Die müsste ich doch auch selbst machen können. Dazu brauche ich die Schokolade, die es gegebenenfalls günstig im Supermarkt gibt, und Eiswürfelbehälter oder kleine Muffinformen. Man zerkleinert die Schokolade etwas und gibt sie in ein Behältnis. Das stellt man in einen Topf mit etwas Wasser und erhitzt es. So schmilzt die Schokolade langsam. Wichtig ist, darauf zu achten, dass kein Wasser zu der Schokolade hineinkommt und sie nicht zu stark erhitzt wird. Deshalb am besten den Herd nur auf der ersten Stufe anschalten. Nach fünf bis zehn Minuten ist die Schokolade geschmolzen und kann in die Eiswürfelbehälter gefüllt werden. Nun heißt es abwarten und die Schokolade festwerden lassen. Das geht am besten im Kühlschrank oder auch auf dem kalten Balkon. Die feste Schokolade kann dann herausgelöst und in kleine Tüten verpackt werden. In heißer Milch aufgelöst ergibt das ein köstlich- gemütliches Getränk. Mit Festwerden lassen dauert die Herstellung etwa drei Stunden.
Während meine Marmelade abkühlt und die Schokolade fest wird, fällt mir ein, dass meine Tante keine süßen Sachen mag. Da sie mich jedes Jahr liebevoll beschenkt, möchte ich ihr aber eine Kleinigkeit mitbringen. Mein Blick fällt auf den Tee im Regal. Das wäre was. Aber einfach Tee schenken ist doch etwas simpel. Vielleicht wäre es schön den Tee in einem schönen Teebeutel zu verpacken. Dafür brauche ich losen Tee, Teebeutel ohne Tee und Nadel und Faden. Man überlegt sich eine Form (Herz, Stern, Tannenbaum usw.) und zeichnet diese auf den Teebeutel. Etwa einen halben Zentimeter von der Markierung am Rand näht man innen die Form nach, bis nur noch ein kleines Stück von etwa zwei Zentimetern frei ist. Nun füllt man den Tee ein und näht den Beutel zu. An das Ende des Fadens kann man ein kleines Papier mit einem Tacker befestigen. Für einen Teebeutel braucht man etwa 20 Minuten.
Wo ich schon mal in der Küche stehe, habe ich richtig Lust, Plätzchen zu backen. Die Zeit habe ich noch und ich muss ja sowieso warten, bis die Schokolade fest geworden ist. Einziges Problem: in meiner WG gibt es keinen Ofen. Trotzdem wären ein paar Plätzchen jetzt wirklich toll. Irgendwie muss das doch zu bewerkstelligen sein. Mein Blick fällt auf die Bratpfanne: einen Versuch ist es wert. Ich suche mir ein Rezept für Mürbteigplätzchen und mache den Teig (sicherheitshalber erst einmal weniger Teig, also nur das halbe Rezept). Weil ich kein Nudelholz habe, nehme ich eine Weinflasche zum Ausrollen. Statt mit Formen steche ich die Plätzchen mit einem Eierbecher (auch ein Shotglas geht) aus. Zunächst versuche ich die Plätzchen in der Pfanne anzubraten, was nicht funktioniert. Sie werden unten schwarz und oben sind sie noch roh. Ergibt irgendwie Sinn denn im Ofen bekommen sie von allen Seiten Wärme. Ich lege also die Pfanne mit Backpapier aus, lege dann die Plätzchen darauf und decke die Pfanne nochmal mit dem Papier ab. Sie wird nun auf mittlerer Stufe erhitzt. Nach etwa zehn Minuten muss man die Plätzchen mit einem Pfannenwender umdrehen. Wichtig ist, die Pfanne nicht unbeaufsichtigt zu lassen, damit das Papier kein Feuer fängt. Für große Mengen sollte man sich allerdings mit Freunden, die einen Ofen haben, verabreden oder einen kleinen Ofen kaufen.
Nun habe ich also paar Leckereien für die Familie und es ist der 23. Dezember. Heute Abend muss alles fertig sein und ich werde im Zug nach Hause sitzen. Die Zeit wird also langsam knapp und ich brauche immer noch ein paar Geschenke für Eltern und Geschwister. Zum Glück sind die meisten Geschäfte noch geöffnet.
Da kommt mir die Idee, ihnen einfach ein paar typische Dinge aus Heidelberg mitzubringen: Melonenschnaps und Studentenküsse. Den Schnaps bekommt man in Weinhandlungen. Eine Flasche kostet etwa zehn Euro und ist somit immer noch in meinem Budget. Auch die Studentenküsse gibt es in der Altstadt. In den kleinen roten Schachteln der Pralinen haben früher Studenten kleine Liebesbotschaften an ihre Herzensdamen versteckt. Aber auch kleine Weihnachtsbotschaften können darin übermittelt werden.
Nach meiner kleinen Einkaufstour komme ich wieder zu Hause an. Noch zwei Stunden habe ich Zeit bis ich zum Zug muss. Ich packe meinen Koffer und freue mich, dass ich alles so gut hinbekommen habe. Bis mir einfällt, dass ich nicht an meine Schwester gedacht habe. Nun schaffe ich es nicht mehr in die Stadt, also muss ich zu dem Last-Minute-Geschenk überhaupt greifen: ein Gutschein. Also schnell einen Gutschein für einen Online-Buchhandel ausgedruckt und in einem Briefumschlag gesteckt. Damit es nicht ganz so langweilig wirkt, drucke ich noch eben eine Seite ihres Lieblingsbuches aus und schneide ein Puzzle aus. Die Teile kommen in eine kleine Tüte. So hat sie bevor sie den Umschlag öffnet, ein kleines Rätsel zu lösen.
Noch pünktlich mache ich mich auf den Weg zum Zug und freue mich, zu Weihnachten nach Hause zu kommen und all den Geschenkestress und die Hektik zu vergessen. Denn alle Jahre wieder kommt nach dem Stress auch die ruhige und schöne Zeit mit der Familie, dem gutem Essen und dem Tannenbaum.
Von Esther Lenhardt