„Bunter. Schneller. Mittendrin.“ – Das Internetportal Heidelberg24 versucht mit einem schrillen Auftritt die Heidelberger Medienlandschaft zu bereichern.
[dropcap]E[/dropcap]s ist der 20. November, eine Woche nach den Terroranschlägen in Paris, drei Tage nach der Absage eines Fußballländerspiels wegen Bombenalarms. Eine sensible Stimmung herrscht in Deutschland, so auch an diesem frühen Nachmittag, als das Internetportal Heidelberg24 über seine Internet- und Facebookseite mitteilt: „+++ Eilmeldung! Lauter Knall über Metropolregion! +++“ – Mehrere „besorgte Bürger“ hätten sich „bei sämtlichen Polizeistationen“ gemeldet und über eine Erschütterung informiert. Die Berichte variieren: Manche hätten den Knall in Ludwigshafen oder Lampertheim gehört, andere in Mutterstadt und Viernheim, sogar in Kaiserslautern wurde er vernommen. Heidelberg24 verweist auf einen „ersten Medienbericht“, in dem von einer Explosion im „Rhein-Neckar-Zentrum in Viernheim“ die Rede ist. Eine Explosion in der Metropolregion? Mitten in Deutschland, in diesen Zeiten? Nach wenigen Minuten gibt Heidelberg24 Entwarnung: Die Ursache sei geklärt, mehrere Überschallflüge hätten am Nachmittag in der Region stattgefunden, diese verursachten beim Durchbruch der Schallmauer einen lauten Doppelknall. Der Facebook-Post von Heidelberg24 wird anschließend von der Seite gelöscht.
Die Heidelberger Medienlandschaft unterliegt seit dem 4. Juli 2014 einem anderen Tempo: An jenem Tag ging das Nachrichtenportal Heidelberg24 online und das in einer Stadt, die durchaus eine reiche Tradition an gedruckten Presseerzeugnissen vorweisen kann: die Heidelberger Neueste Nachrichten bis 1944, das Heidelberger Tageblatt bis 1982, die Rhein-Neckar-Zeitung bis heute. „Mit Tradition habe ich nichts am Hut“, gibt Volker Pfau, Geschäftsführer des Seitenbetreibers „Headline24 GmbH“, offen zu, „dafür bin ich zu sehr nach vorne gerichtet“. Pfau ist ein Mann aus den Achtzigerjahren: leichter Vokuhila-Ansatz, Dreitagebart, helle Jeans, rosa Hemd, Brusthaare. „Ich bin einer der ersten, die in Deutschland das Thema Internet auf dem Schirm hatten.“ Mehr als 20 Jahre ist das nun her.
Knallgelb sind die Scheiben der Büroräume in der Kurfürsten-Anlage 69 gestaltet, der große Redaktionssaal ist mit Bildschirmen übersät, im Radio erklingt Helene Fischers „Atemlos“. Volker Pfau erklärt den Hintergrund des Portals: Die „Headline24 GmbH“ ist ein Tochterunternehmen der Mannheimer Mediengruppe Dr. Haas GmbH, die dort unter anderem den Mannheimer Morgen herausgibt. Neben Heidelberg24 umfasst das Unternehmen auch die Seiten Mannheim24 und Ludwigshafen24 – beide werden aber ebenfalls aus dem sogenannten „Headquarter“ geleitet. Auch wenn Pfau es nur als einen „Zufall“ bezeichnet, dass Heidelberg Dreh- und Angelpunkt der drei Seiten ist – die Haas-Mediengruppe will wieder in Heidelberg Fuß fassen, nachdem sie vor 30 Jahren, nach dem Aus des Heidelberger Tageblatt, die Stadt der RNZ überlassen hatte.
Doch während das Heidelberger Tageblatt noch die bürgerlich-liberalen akademischen Kreise ansprach, kommt Heidelberg24 nun ganz anders daher: „Unser Klientel sind im wesentlichen junge Leute, zwischen 25 und 34 Jahren“, so Volker Pfau. In diesem „Segment“ wolle man „unverzichtbar“ werden und die erste digitale Adresse sein, „wenn es um lokales und regionales Infotainment geht“. „Wir wollen die Menschen, die mit den klassischen Medien nichts am Hut haben, abholen und sie auf eine verlässliche und verantwortungsvolle Plattform ziehen.“ Umsetzen möchte man das mit einem „schrillen Auftritt“, um die Aufmerksamkeit zu „maximieren“.
Wir sind aber schon auch seriös
Ein Blick auf heidelberg24.de kann dies nur bestätigen: Zunächst sorgen die aufpoppenden Werbebanner für allerhand Irritation, kämpft man sich durch diese, offenbart sich ein gelb-rot-blaues Durcheinander. Der Aufmacher der Seite ist mit einer aufdringlich roten Farbe hinterlegt, meistens sind es Meldungen aus der Region, mit Sicherheit ist mindestens eine Polizei-Meldung dabei: „Polizei sucht mit Video nach Herxheim-Brandstiftern!“, heißt es am Samstagmorgen. Seit mehreren Monaten zählt ein Countdown die Tage bis zur Veröffentlichung des nächsten Star Wars-Films. Weiter unten gibt es Beliebiges: Nachrichten aus der deutschen Sportlandschaft, gefolgt von der Rubrik „People“ und der Rubrik „Welt“. Für diese, ausschließlich aus Agenturmeldungen zusammengetragenen Informationen, ist eine ähnliche Internetportale beliefernde Redaktion in München zuständig.
„Das Ganze ist boulevardesk angelegt, wir sind aber schon auch seriös“, sagt Heidelberg24-Redakteur Peter Kiefer, der die Position des „Chefreporters“ bekleidet. Er bringt den Anspruch des Blattes auf den Punkt: „Wir versorgen die Metropolregion mit allen Nachrichten aus Sport, Gesellschaft, Show und Polizeimeldungen.“ „Wir“, das sind inklusive der freien Autoren und Fotografen 12 bis 15 Redaktionsmitglieder, die laut Aussage Volker Pfaus „vergleichsweise schlecht“ bezahlt werden. Eine klassische Ressortaufteilung gebe es nicht, jeder müsse über jedes Thema in jeder Stadt berichten können.
Expertise auf bestimmten Themenfeldern wird von den Redaktionsmitgliedern also nicht verlangt, stattdessen gilt das auf der Startseite prangende Motto: „Schnell. Online. Informiert.“ So werden überwiegend Polizeimeldungen und Pressemitteilungen verarbeitet, sowie Informationen aus der Bevölkerung nachgegangen. „Wir recherchieren viele Geschichten selbst“, stellt Peter Kiefer aber klar und widerspricht dem oftmals an das Portal herangetragenen Vorwurf, allzu voyeuristisch zu arbeiten. Man berichte nur über „alles, was die Leute interessieren könnte“.
Dass dies nur bedingt gelingt, hat die vorschnell rausgegebene Eilmeldung gezeigt, auch wenn Kiefer behauptet, dass „kein Alarm“ gemacht werden sollte und man die Leute nicht „verschrecken“ wollte. Aufmachung der Seite, Themenauswahl, Schreibstil der Artikel – alles ist darauf ausgelegt, möglichst viele Klicks zu generieren, die Währung für Online-Portale wie diese. „Wir gucken, wie das geklickt wird, dann schauen wir, wie wir die Geschichte weiterdrehen können“, stellt Peter Kiefer die Arbeitsweise seiner Kollegen vor. Klicks seien für Online-Medien das, was für Zeitungen die Verkaufszahlen sind. Wenn ein Thema eben nur mittelmäßig bis schlecht geklickt werde, scheint es wohl niemanden zu interessieren. Eine eigenartige Herangehensweise, ist es doch gerade auch die Aufgabe von Journalisten, auf unangenehme und scheinbar uninteressante Themen zu setzen.
Wir wollen unsere Leser monetarisieren
Nicht abstreiten lässt sich aber der Erfolg, den Heidelberg24 damit hat: „Wir haben unsere Erwartungen weit übererfüllt und unseren Plan, was die Reichweitenentwicklung angeht, weit übertroffen“, verkündet Volker Pfau stolz. „Im November hatten wir 900.000 Besuche auf unserer Seite und 5 Millionen Klicks.“ Diese Leser gelte es nun zu „monetarisieren“ und die Seite noch attraktiver für Werbekunden zu machen, durch die sich das Portal ausschließlich finanziere.
Vor Redaktionsschluss am Sonntag noch ein letzter Blick auf die Seite: „Weihnachtsfeier mit Vivian Schmitt im Bienenstock“, prangt es da. Es folgt ein „Artikel“ über den Besuch von „Porno-Star und Frohnatur Vivian Schmitt“ im neuen Heidelberger „Öko-Puff“, dazu eine Bildstrecke mit Schmitt und weiteren leicht bekleideten Damen. „Qualität“, hatte Geschäftsführer Pfau erklärt, sei „die oberste Prämisse“ von Heidelberg24.
Von Michael Graupner
Die Zahlen bzgl. Reichweitenentwicklung, die Herr Pfau hier nennt, irritieren und werfen ein beschönigendes Bild auf den Erfolg von Heidelberg24. Herr Pfau zählt nämlich die Zugriffe auf die Portale Heidelberg24, Mannheim24 und Ludwigshafen24 zusammen. Betrachtet man Heidelberg24 separat, so verzeichnet das Portal im November 2015 nur 360.619 Besuche (visits) und 2.442.686 Klicks (Page Impressions).
Diese Zahlen werden monatlich von der Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V. (IVW) erhoben und sind für jeden User transparent im Netz einsehbar:
http://ausweisung.ivw-online.de/index.php?i=101&a=p28258
Zum Vergleich: Die RNZ hatte im November 1.423.801 visits und 4.172.892 PIs vorzuweisen.
Lieber Insider,
Sie haben vollkommen recht. Die von uns genannten Zahlen beziehen sich auf die Gesamtreichweite, also alle drei Portale heidelberg24.de, mannheim24.de und ludwigshafen24.de zusammen.
Leider hat das der Autor, Herr Michael Graupner, offenbar nicht verstanden. Wie so einiges, das er nicht korrekt darstellt. Zitate aus dem Zusammenhang gerissen, Zusammenhänge offenbar nicht verstanden und zu guter Letzt auch noch ein Verstoß des Urheberrechts (wir haben keine Freigabe für das Foto erteilt).
Schwamm drüber – Herr Graupner übt wohl noch 🙂