Heidelberg ist seit einem Jahr Unesco-Literaturstadt.
Auch wenn es den meisten vermutlich nicht aufgefallen ist – Heidelberg darf sich nun schon seit gut einem Jahr „Unesco City of Literature“ nennen. Diese Auszeichnung wurde der Stadt am 1. Dezember 2014 zusammen mit drei anderen Städten, Dunedin (Neuseeland), Granada und Prag, verliehen. Geld gibt es für diese Ehre nicht, „dafür trägt der Titel den Namen Heidelbergs weiter in die Welt“, erklärt Joachim Gerner, Bürgermeister für Familie, Soziales und Kultur, der die Idee zur Bewerbung hatte. Die Stadt Heidelberg hat das Projekt aus diesem Grund für die Jahre 2015/2016 mit 90 000 Euro unterstützt, das Land drei ausgewählte Institutionen, den Karlstorbahnhof, das DAI und das Interkulturelle Zentrum, mit jeweils 20 000 Euro. Finanziert werden damit sowohl regionale als auch internationale Veranstaltungen, denn beim Unesco Creative City Network, zu dem auch die Literaturstädte zählen, geht es vor allen Dingen darum, dass sich die prämierten Städte auf der ganzen Welt miteinander vernetzen und gemeinsame Projekte ins Leben rufen. So wurden zum Beispiel beim Multipoetry-Festival in Krakau Gedichte von Heidelberger Lyrikern an Gebäudewände projiziert und im Internet eine Sommerleseliste mit Buchempfehlungen aus allen Literaturstädten veröffentlicht.
Auch in Heidelberg selbst gibt es eine Reihe von Veranstaltungen, deren Auftakt in diesem Jahr ein Symposium anlässlich des 125. Geburtstages des russischen Dichters Ossip Mandelstam machte. Folgen sollen unter anderem eine Matinee zum zehnten Todestag von Hilde Domin, eine „Weltkarte der Poesie“ des Wunderhorn-Verlags und eine neue Reihe des Karlstorbahnhofs, „Allerorts Literatur“, bei der Lesungen an ungewöhnlichen Orten stattfinden werden. Ein Buchhandelsstadtplan, zu finden auf der Homepage der Stadt, animiert zum Stöberspaziergang.
Die Begeisterung in der Politik, die sich mit der Ehre brüstet, einzige deutsche Literaturstadt zu sein, ist groß. Eckart Würzner träumt gar von „einem Forschungslabor für gesellschaftliche Fragen“ bestehend aus Künstlern, Geistes- und Naturwissenschaftlern. Schade bloß, dass es erst einen glamourösen Titel braucht, um Geld für kulturelle Projekte aufzutreiben.
von Anna Vollmer