Vorträge, Diskussionen und Theaterstücke: Das Team des Heidelberger Symposiums gewährt einen Blick hinter die Kulissen.
[dropcap]I[/dropcap]t’s that time of year again: vom 19. bis zum 21. Mai fand das Heidelberger Symposium schon zum 28. Mal statt. Irgendwie kennen wir es doch fast alle: vielleicht haben wir uns mal (allzu gerne) von einer Vorlesung befreit, um bei einem der Vorträge vorbeizuschauen, haben die Plakate gesehen, die uns im Frühsommer in jeder Ecke der Stadt angrinsen oder standen an den Infoständen Schlange, um eine Waffel zu ergattern. Drei Tage lang wurden wir auch dieses Mal mit interdisziplinären Vorträgen, Workshops und jeder Menge Spaß beschenkt. Ein ganzes Jahr lang haben sich jeden Mittwoch-abend Studierende aller Fachrichtungen versammelt und sich ins Zeug gelegt, um diese drei Tage zu einem großen Ereignis zu machen.
Das Orgateam haust im knarzenden Dachgeschoss eines Bergheimer Schulgebäudes. Nach dem anfänglichen wirren Kugelschreiberklicken und dem Stühlesuchen der Etwas-Später-Gekommenen fängt die Sitzung an. Am Märzabend, an dem ich bei der Sitzung vorbeischaue, sind die Vorbereitungen auf Hochtouren. Die Organisatoren berichten jeweils über den Stand der Dinge, für die sie zuständig sind, Offenstehendes wird geklärt. So wird über die kosteneffizientesten Pläne zum Drucken des Teilnehmerhandbuchs berichtet, eine rege Diskussion über das Bobbycar-Rennen geführt, das für das Entertainment der wartenden Besucher stattfinden soll. Und es wird entschieden, ob Namensschilder oder Festival-Armbändchen (oder beides?) ausgeteilt werden sollen. Die in dieser Sitzung besprochenen Punkte sind natürlich nur ein Bruchteil der Aufgaben des Teams. Denn es muss wirklich an alles Mögliche gedacht werden – das Spektrum erstreckt sich von Gummibärchen und Kondomen, die in die Besuchertaschen kommen sollen, über die wilde Jagd nach Referenten und (nach erfolgreichem Fang) deren Verpflegung während des Symposiums, über Trank und Speise der Besucher bis zum reibungslosen Transport von gigantischen Gegenständen wie Zelten und Kühlschränken. Nach ausführlichem Besprechen löst sich die große Gruppe in drei kleinere Gruppen auf: Spendenteam, Referententeam und PR-Team ziehen sich in ihre Kämmerchen zurück und schmieden eifrig ihre weiteren Pläne.
An ihrem Strategiewochenende, knapp einen Monat vor dem großen Auftritt, besuche ich das Team erneut. Das Wochenende dient besonders der Stärkung des Teamworks – weshalb auch erstmal ein Ballspiel zur Gruppendynamik gespielt wird, bevor alles Weitere munter erledigt wird: Durch eine demokratische Wahl mittels Papierstückchen und Strichlein an der Tafel wird entschieden, wer jeweils die Einleitungs- und die Abschlussrede halten wird. Die Hauptproblematik des Tages: die für die Gäste erforderlichen 3000 Liter Bier fehlen noch, und das Team wird dazu angeregt, bei Brauereien anzurufen. Auch der Spendenlauf in Gruppen durch ganz Heidelberg wird geplant. Rührend ist die Diashow mit jeder Menge (nicht immer schmeichelhaften) Bildern des vergangenen Jahres, die der Vorstand als Dankeschön für die gute Zusammenarbeit vorbereitet hat.
Mit einem Grinsen auf den Lippen probieren alle noch das Gruppen-T-Shirt an, bevor sie wieder ihren Aufgaben nachgehen. Guten Gewissens, dass dem fröhlichen Team das diesjährige Symposium nur gut gelingen kann, verabschieden wir uns.
Eine Regel des Orgateams ist, dass nur einmal pro Menschenleben mitgemacht werden kann. Durch die ständig wechselnden Mitglieder werden immer neue Ideen und Perspektiven in die Organisation eingeführt, das Projekt befindet sich also im stetigen Wandel. Es gibt jedoch einen Vorstand, bestehend aus drei Studierenden, die im vorherigen Jahr Teil der Vorbereitung waren und das Team anleiten. Dadurch wird gewährleistet, dass gute Traditionen der vergangenen Jahre weitergeführt und Schwachpunkte verbessert werden, auch wenn es meist Kleinigkeiten sind. So wurden dieses Jahr die Flyer ein wenig früher fertig. Und es wurde darauf geachtet, dass die Druckfirmen keine Bestellungen verwechseln – sodass das Team nicht plötzlich mit lauter Jimi-Hendrix-Aufklebern anstatt der Symposiumssticker dastand, wie es beim letzten Mal der Fall gewesen war.
Jedes Jahr hat das Symposium ein Motto, das von dem Team ausgearbeitet wird, sich wie ein roter Faden durch das gesamte Forum zieht und dem die verschiedenen Veranstaltungen auf jeweils eigene Art und Weise begegnen. Dieses Jahr lautet es „anTRIEBE“. Nach dem Eröffnungsvortrag des diesjährigen Schirmherren Gregor Gysi über die Antriebe eines Politikers wurde das Wochenende mit zahlreichen Vorträgen beschmückt, die von Trieben und Antrieben in den jeweiligen Fachbereichen handelten.
So entstand ein kunterbuntes Programm, bei dem wohl niemand zu kurz kam: Es ging um Antriebe des Notarzts, des Extremsportlers und die des Spermiums. Es gab Vorträge zu Religion, StarTrek, Exorzismus („ausTRIEB der Dämonen“) und der Kommerzialisierung sexueller Triebe. Selbst diejenigen, die sich von dem Thema naturgemäß nicht wirklich angesprochen fühlen, kamen nicht zu kurz: am Freitag gab es einen Workshop, um Motivation und Zielstrebigkeit zu erlernen. Neu dieses Jahr war die FuckUp-Night, bei der Geschichten von erfolglosen Projekten geteilt wurden – denn schließlich kann auch das Scheitern ein guter Antrieb für etwas Neues sein. Das Finale des diesjährigen Symposiums krönten der Poetry Slam und die Abschlussparty im Karlstorbahnhof.
Die Helden des Wochenendes sind natürlich die Studierenden, die alles von A bis Z organisiert haben. Viele freuen sich schon auf das nächste Symposium, bei dem sie, nun als Besucher, dabei sein wollen. Denn ganz gewiss werden neugierig gewordene Studierende die Vorbereitung des nächsten Symposiums auf sich nehmen, und werden gemeinsam wieder mal eine Veranstaltung auf die Beine stellen, die sich als Kennzeichen unserer Studierendenkultur brüsten kann.
Von Jin Oehmann