Die Umnutzung der ehemaligen US-Kasernenflächen verändert Heidelberg. Was die Konversion für Studierende bedeutet
Wer heute anfängt, in Heidelberg zu studieren, spürt nur wenig von der jahrzehntelangen Koexistenz von Amerikanern und Heidelbergern in der Stadt. Einzig die verlassenen Kasernenflächen zeugen von der vergangenen Zeit. Im Alltag zumeist unbeachtet, allenfalls mit Unmut bedacht, da sie den Fahrradweg entlang der Römerstraße in die Länge ziehen, sind sie vor allem eines: brachliegend und leer. Dabei vergisst man schnell das verborgene Potenzial. Und wie schnell sich Heidelberg in den kommenden Jahren verändern wird.
Konversion bezeichnet die Überführung ehemals militärischer Flächen in eine zivile Nutzung. Nach dem endgültigen Abzug der US-Amerikaner 2013 gingen die Liegenschaften in den Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben über. Nun kauft die Stadt Heidelberg die Flächen nach und nach zurück und veräußert sie weiter (siehe unten).
Doch was verändert sich durch die Konversion, insbesondere für Studierende? In vielerlei Hinsicht ist die Konversion erwähnenswert: Sie eröffnet nicht nur die Gelegenheit, optische Leerstellen zu füllen, sondern auch bestehende Lücken im städtischen Angebot zu schließen. Ohne dass sich die Stadtgrenzen ausdehnen, entstehen neue Quartiere und vervielfältigen sich die Möglichkeiten.
Wo gibt es einen Stadtpark, der zum Verweilen einlädt? Die Grünflächen, die annähernd das Potenzial dazu hätten, namentlich die Anlagen am Adenauerplatz und neben der Stadtbücherei, liegen zugleich an den Hauptverkehrsadern der Stadt. Auf den Campbell Barracks entsteht nun ein veritabler Stadtpark. Nebenan könnte der Paradeplatz zum Subzentrum im Quartier aufstreben.
Es entstehen Inseln, die für ein Heidelberg abseits der romantischen, aber auch althergebrachten Altstadt stehen: jung, kreativ und innovativ. Mit dem Karlstorbahnhof auf dem Campbell-Barracks, günstigem Wohnraum nebenan auf dem Mark-Twain-Village und etwas südlicher auf dem US-Hospital-Gelände, mit der jungen Start-Up-Szene auf den Patton Barracks wird der Südwesten der Stadt lebendiger und attraktiver. Bestehende Institutionen wie die Breidenbach Studios, die Hebelhalle oder das Boulderhaus werden ergänzt; ein neues kulturelles Netz entsteht.
Zwar gehört auch die Bahnstadt zur Konversion – vormals nicht militärisch, sondern durch den Güterverkehr genutzt – und gilt als Paradebeispiel großangelegter Passivbauweise. Aber das studentische Potenzial hält sich, wo Ein-Zimmer-Apartments monatlich mehr als 500 Euro kosten, doch eher in Grenzen. Günstiger Wohnraum in Heidelberg ist denkbar knapp. Nun entsteht in der Südstadt bezahlbares Wohnen in Zentrumsnähe, auch auf US-Hospital wird günstiges studentisches Wohnen angestrebt. Neben dem kulturellen Angebot verbessert sich zudem die Erschließung der südlichen Stadtteile. In Zukunft kann die Fahrradfahrt an der Römerstraße entlang gänzlich der Vergangenheit angehören. Die geplante Fahrradbrücke über den Hauptbahnhof, zusammen mit ausgebauten Fahrradschnellwegen zwischen den Konversionsflächen in Rohrbach und der Südstadt werden eine direkte Verbindung zum Neuenheimer Feld ermöglichen.
In wenigen Jahren wird einiges davon schon Realität sein, vieles ist bereits jetzt in Gang. Zugegeben: Gemessen an der Regelstudienzeit können drei Jahre unermesslich lang sein. Doch vielleicht vermag der städtische Wandel dazu führen, dass Heidelberg als mehr wahrgenommen wird, als nur eine Durchgangsstation. (mov)
US-Hospital
Das Hospital steht unter der Vision einer Symbiose aus Wohnen und Bildung, hier sollen sich das Montessori-Zentrum, die Lebenshilfe Heidelberg und das Collegium Academicum (CA) ansiedeln. „Wir möchten ein Wohnquartier mit Bildungseinrichtungen und attraktiven öffentlichen Nutzungen realisieren“, erklärte Hans-Jürgen Heiß, Bürgermeister für Konversion und Finanzen.
Insbesondere das CA hatte über drei Jahre um ein Gebiet in Heidelberg gekämpft, auf dem es Lernräume für interdisziplinäres projektbezogenes Arbeiten schaffen kann.
Außerdem plant es Seminare und Workshops, Ateliers, Werkstätten und ein Propädeutikum nach dem Vorbild des Leibniz-Kollegs in Tübingen. Der Entwurf für das Gebäude des CA steht bereits, für die Finanzierung hofft das CA nicht nur auf Förderung durch den Bund. Insbesondere ist aber die Unterstützung von weiteren Studenten, Doktoranden und anderen Projektbegeisterten gewünscht.
Patton-Barracks
Auf dem Gelände der Patton-Barracks soll ein modernes Forschungs- und Gewerbegebiet entstehen. So soll das Cluster „Innovation Hubs“ Ansiedelungspunkt für Firmen werden und in Symbiose mit dem benachbarten „Innovation Campus“ und „Start Up Barracks“ stehen. Die dazwischen platzierte „Innovation Alley“ wird Sport- und Freizeitangebote bereitstellen.
Sogar Haidian – das „Silicon Valley Chinas“ – hat Interesse an dem Standort bekundet. Geplant ist der „German-Sino-High-Tech-Park“, ein Technologiepark für chinesische Unternehmen. Projekte wie dieses sollen die Verzahnung von moderner Informations- und Kommunikationstechnologie erreichen.
Mark-Twain-Village
Seit dem 1. Januar ist das Mark-Twain-Village Eigentum der Stadt und soll ab kommendem Juni zu Teilen beziehbar sein. Momentan laufen abschließende Untersuchungen der Bausubstanz, außerdem ist bisher nicht endgültig geklärt, inwiefern die Verkehrsanbindung ausgebaut werden muss.
Im Anschluss sollen 80 Drei- bis Fünf-Zimmerwohnungen bezugsfertig gemacht, sowie 67 Wohnungen für Auszubildende bereitgestellt werden. Studentenappartements existieren bereits.
1000 bis 1200 langfristig preiswerte neue Wohnungen soll die MTV Bauen und Wohnen GmbH mit bis zu 320 Millionen Euro schaffen. Sie ist aus einem 2014 von Oberbürgermeister Eckart Würzner gegründeten „Heidelberger Bündnis für Konversionsflächen“ hervorgegangene. Ein weiteres Projekt ist die Hagebutze. „Wir wollen weg vom anonymen Wohnen“ berichtet Mitglied Florian Lepold. Mit Engagement soll langfristig günstiges Wohnen ermöglicht werden.
Campbell Barracks
Die Campbell-Barracks stehen zum Teil als Relikte der 1937 erbauten Großdeutschlandkaserne unter Denkmalschutz.
Bereits 2015 hatten Interessenten Konzepte für die Fläche einreichen können, ausgehend vom „Masterplan Südstadt“, der ein urbanes ganztägig belebtes Gewerbegebiet vorsah.
Die eingereichten Entwürfe unterscheiden sich maßgeblich im Ausrichtungsschwerpunkt. Sie reichen von einer gartenstadtähnlichen Struktur mit grünen Achsen, über ein Sport- und Freizeitzentrum bis hin zu gesundheitsbezogenen Dienstleistungen wie Betreutes Wohnen und eine Kita.
Diese Vorschläge wurden am 27. April einem Bürgerforum vorgelegt, nun sollen die Interessenten ihre Entwürfe an die Bürgerwünsche anpassen. Anschließend will die Stadt noch vor der Sommerpause geeignete Interessenten auswählen. Ein endgültiger Vergabeentscheid soll bis Ende 2016 getroffen sein.
Fest steht bisher, dass Karlstorbahnhof und -kino in die Fläche eingegliedert werden.
Patrick Henry Village
Das PHV dient als wichtiger Verwaltungsstützpunkt in der Erstaufnahme von Flüchtlingen, der Betrieb wurde nun um ein weiteres Jahr verlängert. Dabei soll die Anzahl der Untergebrachten auf maximal 1000, notfalls 2000 Menschen reduziert werden.
Als zukünftige Nachnutzung läuft für die Fläche ein Projekt der Internationalen Bauausstellung. Dessen Auftaktveranstaltung soll bereits am 31. Mai stattfinden, ein Masterplan wird bis Februar 2017 erarbeitet. Die Umgestaltung des PHV will die IBA sich 900 000 Euro kosten lassen.
US-Airfield
Für das Airfield liegen aufgrund des besonderen Baus noch keine Pläne vor.
Von Sophie Bucka, Annika Skibba und Hannah Lena Puschnig