Das Kurpfälzische Museum präsentiert noch bis Juni Fernweh und Wanderlust in der Ausstellung „Vom Pilger zum Pauschaltourist“.
Der Fotograf Wolf Strache fasste 1946 die touristische Sensation Heidelbergs mit den Worten „Früher kamen die Fremden nach Heidelberg, um ein zerstörtes Schloss zu sehen. Heute kommen sie, um eine unzerstörte Stadt zu sehen. Dieses Paradox ist Heidelbergs glückliches und tragisches Schicksal“ zusammen. Mit jährlich knapp zwölf Millionen Touristen in der Romantikstadt Heidelberg ist das Thema Reisen aktueller denn je, weshalb dieses Zitat derzeit die Ausstellungsräume des Kurpfälzischen Museums schmückt. Neben ihm präsentieren sich in der Ausstellung „Vom Pilger zum Pauschaltourist“ Gedanken und Zitate großer Schriftsteller und Philosophen, wie Henry Wadsworth Longfellow, Mark Twain und Kurt Tucholsky. Das Kurpfälzische Museum Heidelberg hat sich der Aufgabe angenommen, die Geschichte Heidelbergs als Reiseziel in einer Sonderausstellung aufzubereiten. Die sorgsame Auswahl der 170 Ausstellungsobjekte durch Kuratorin Karin Tebbe aus der Sammlung des Kurpfälzischen Museums und des Stadtarchivs, Leihgaben der Museen in Worms, Straßburg und Berlin und vielen Stücken aus Mannheimer und Heidelberger Privatbesitz, lassen Besucher derzeit auf den 240 Quadratmetern durch eine Zeitreise der Heidelberger Tourismusentwicklung wandeln. Gleichzeitig erhalten sie dabei einzigartige Einblicke in die Heidelberger Stadtgeschichte. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 12. Juni und wird von einem bunten Rahmenprogramm unterstützt.
Dargestellt wird das Reisen ab dem Mittelalter, als Pilger Heidelberg durchschritten und verschiedene Abzeichen aus Blei, Zinn oder Pilgermuscheln bei sich trugen. Das Phänomen Fernweh kam allerdings erst auf, als junge Adlige auf die „Grand Tour“ geschickt wurden. Um 1680 kam die Postkutsche, in den 1840er Jahren die Eisenbahn und die Dampfschifffahrt auf dem Neckar. Einzigartige Ausstellungsstücke wie Passagiertickets, Fahrpläne und Panoramaaufnahmen des Flusslaufs dokumentieren diese Entwicklung. Einzigartig ist hierunter ein Faltdiorama aus dem Jahre 1835, das in einer dreidimensionalen Darstellung die erste Eisenbahnfahrt zwischen Nürnberg und Fürth illustriert. Zwischen verschiedenen Reiseutensilien und Gepäck finden sich ebenso zahlreiche Hotelansichten und das Gästebuch des Europäischen Hofs mit einem Eintrag von Winston Churchill. Manch einer könnte hierbei in Melancholie verfallen, wenn bewusst wird, in welchem Zustand sich die Häuser heute teilweise befinden, die einst von der Europäischen High Society bewohnt wurden. Besonders deutlich wird dies am Beispiel des ehemaligen Schlossparkhotels, das einst über Heidelberg thronte und an dessen Stelle heute ein Komplex mit Eigentumswohnungen steht.
Am Ende des Rundgangs präsentieren sich den Besuchern eine Sammlung aus Postkarten, Reisespiele aus der Zeit dem Fin de Siècle, Keramik- und Glassouvenirs verziert mit Heidelberg Ansichten, bevor sie etwas unverhofft durch vereinzelte Werbeplakate des Flugverkehrs, Reisegesellschaften oder einem Propagandaplakat der NS-Zeit in die Gegenwart geführt werden. Der Aktualitätsbezug wird hier durch das Werk „Monopol“ von Stefan Strumbel hergestellt, dessen moderne Kuckucksuhr etwas verloren abseits der übrigen Ausstellungstücke wirkt. Ein Einblick in die derzeitige Situation Heidelbergs als Tourismushochburg mit Blick auf die nahe Zukunft wäre vielleicht eine wünschenswerte Lösung gewesen.
Von Maren Kaps