Einmal im Semester öffnet Heidelbergs einzige musikalisch-künstlerische Studentenverbindung ihre Pforten für die „Offene Bühne im Roten Haus“.
Jeder der möchte, darf auftreten – ein Konzert, das sich schnell zu einer großen Hausparty mit Hipster-Charme entwickelt.
Der Konzertsaal im Palais Rischer – ein barockes Verbindungshaus in der Unteren Straße – erinnert eher an ein Wohnzimmer. Unter zwei großen Kronleuchtern stehen gemütliche Sofas und einige Stühle für die Gäste. Vorne thronen ein schwarzer Flügel und zwei große Boxen. Obwohl direkt vor Beginn des Konzerts ein Rauchverbot im Saal ausgesprochen wird, stecken sich wenig später die ersten Gäste genüsslich ihre selbstgedrehten Zigaretten an. Hinten im Saal gibt es Bier und Wein
Ein Künstler aus Freiburg eröffnet den Abend und covert Songs von John Mayor, Max Herre und Tupac. „Jeder darf hier auftreten“, erzählt Jakob, einer der Bewohner des Hauses, der in Heidelberg Physik studiert: „ Eigentlich soll man sich bei Facebook vorher anmelden, das macht aber in der Regel keiner.“ Anfänglich werden die Auftritte der verschiedenen Acts noch brav moderiert, doch als sich der Saal immer mehr mit neugierigen Zuhörern füllt, die von der Unteren Straße aus in das Haus drängen, siegt die Anarchie. Es wird einfach gespielt. Bewohner und Bewohnerinnen des Hauses, angehende Musiker aus der Stadt, mittelmäßig talentierte Gäste – ganz egal. Das Konzert wird zu einer großen Jam-Session – alle Musikrichtungen sind erlaubt. Zwischendurch werden Gedichte vorgetragen, irgendwann fangen die Leute an zu tanzen – mitten in der Unteren Straße ist plötzlich eine große Hausparty im Gange.
„Ist das hier der Heidelberger Hipster-Kongress?“, fragt ein am Geschehen vorbeigehender Mann skeptisch. Tatsächlich sind die alternativ gekleideten Gäste mitten in der Unteren eine angenehme Abwechslung zu den üblichen Touristen, Junggesellenabschieden und Abiturienten, die sich hier am Freitagabend herumtreiben.
Organisator des Events sind die zwölf Männer und Frauen, die in der Wohngemeinschaft im Haus Rischer zusammen leben. Offiziell nennen sie sich Akademisch Musische Vereinigung Stauffia. „Studierende verschiedenster Fächer gestalten […] ein Leben zwischen Kunst, Musik und Studium“, heißt es auf ihrer Internetseite. Das Prinzip ist dabei das gleiche wie bei einer Verbindung. Die ehemaligen Mitglieder finanzieren Miete, Instrumente und organisieren Konzerte mit den aktuellen Bewohnern. „Wir nennen uns aber bewusst Vereinigung und nicht Verbindung. Wir sind eher ein Gegenentwurf“, merkt Jakob an.
Die „Offene Bühne im roten Haus“ findet einmal im Semester statt. Mehr Infos gibt es auf der Facebook-Seite vom Haus Rischer.
Von Frederik Seeler