Die Visionen des Konzeptkünstlers und Ausstellungsmachers Samuel J. Fleiner: Humanität und Völkerverständigung
Ob es sich um ein „Konzert für sieben Schiffshörner und einen Regionalzug“ handelt, oder um ein Ballett für zwölf Baumaschinen – die Projekte von Samuel J. Fleiner beeindrucken regelmäßig viele tausend Menschen. Die Konzerte und Ballette machen einen besonders aufsehenerregenden Teil seiner immer größeren und internationaleren Werke aus. Dabei betont der bei Heidelberg lebende Künstler im Gespräch, dass er durch die Nutzung außergewöhnlicher Medien, wie Abrissbirnen, Straßenbahnklingeln oder Gabelstapler, die im Alltag wenig beachteten Menschen wertschätzen und in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung rücken möchte. Er beweist hier seine „Leidenschaft, etwas als Erster zu machen“ und versteht sich gleichzeitig als Choreograph, der sich im Hintergrund hält und die große Bühne meidet.
Kunst sollte, laut Fleiner, auch eine gesellschaftliche Rolle spielen und humanitären Missständen vorbeugen. So weckt der im Rahmen des Projekts „Aus-ge-Bucht-t und neu ent-bunden“ entstandene „Lesesessel“, der zugleich Sessel und Bücherregal darstellt, Bilder und Emotionen auf der Assoziationsebene: Er besteht aus makulierten Büchern und wurde von Gefangenen der Justizvollzugsanstalt Mannheim gefertigt.
Das Werk soll damit einen annehmbaren, nicht dissoziierenden Zugang zur Bücherverbrennung und der damit verbundenen Intoleranz, Zensur und Vernichtung menschlicher Existenzen durch die Nationalsozialisten eröffnen. Eindringlich wird der Betrachter ermahnt, dass sich dies nicht wiederholen darf. Parallel dazu wird er dazu angeregt, über Rechtssysteme und Strafen für Schwerverbrecher nachzudenken.
Durch die Verschmelzung unterschiedlicher Motive hat er hier Raum für eine eigene Interpretation. Genau das möchte Fleiner mit seinen kontextbezogenen Projekten erreichen: „Mein Ziel ist es, auch kunstferne Menschen einzubeziehen und ihnen zu vermitteln, wie man sich Kunst individuell erschließen kann“.
Einen Schwerpunkt seiner Arbeit bildet außerdem die Beschäftigung mit Umwelt und Nachhaltigkeit. Den Impuls dafür gaben die 1991 bis 1994 stattfindenden „Rollenden Zukunftswerkstätten“, bei denen er insgesamt fehlendes Wissen über Nachhaltigkeit erkannte. Er entschloss sich daher, mit seiner Kunst auf Biodiversität, nachhaltige Entwicklung und den Klimawandel aufmerksam zu machen.
So zeigt seine internationale Ausstellung „RE-ART-ONe“ Kunst und Design im Kontext von Abfall und Recycling. Die Arbeit mit recycelten Materialien weckt ein breites Assoziationsfeld, da die Gegenstände schon einmal „gelebt“ haben. Darüber hinaus soll das aktuelle Projekt Fleiners einen interaktiven Zugang zur Natur und Umwelt schaffen: Sein geplantes Kompetenzzentrum für Nachhaltigkeit und Prävention soll Kultur mit Gesundheit und Völkerverständigung zu einem harmonischen Ganzen verbinden und damit zu Frieden und einem besseren Leben beitragen.
Von Livia von Oldershausen