Die ehemalige Maulbeerallee vom Schwetzinger Schloss zum Königstuhl soll in das moderne Stadtbild zurückkehren. Doch die Details scheinen der Verwaltung unklar.
Grau, hässlich, anonym – so lautet das vorherrschende Urteil zur Heidelberger Bahnstadt. Besonders im östlichen Teil zeigt Heidelbergs hässliches Entlein seine heruntergekommene Seite. Eingerahmt vom Lärm der Speyerer Straße einerseits und der gepaarten Romantik von Media Markt und Automechaniker andererseits, bleibt das allgegenwärtige Unkraut die einzige Abwechslung inmitten grauer Tristesse.
Doch es bahnen sich Veränderungen an: Die Firma Autz + Herrmann plant in den nächsten Jahren Ausweitung und Umbau ihrer dort gelegenen Fertigungsstätten. Für die Heidelberger Stadtplaner eine willkommene Gelegenheit, denn die betreffenden Grundstücke liegen genau auf der ehemaligen Maulbeerallee.
Sie soll beim Bau der betreffenden Gebäude als Sichtachse freigehalten werden. Damit passt sich diese Veränderung in eine von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkte Strategie ein, die schon seit einigen Jahren durch die weiten Fluren der Heidelberger Stadtplanung geistert: Die langfristige Wiedereinbindung der ehemaligen Maulbeerallee ins moderne Stadtbild.
Einen Vorgeschmack darauf liefert der nun schon einige Jahre zurückliegende Bau des B&B-Hotels in unmittelbarer Nähe des aktuell diskutierten Grundstücks. Während so mancher ihren merkwürdig schiefen Grundriss als mehr oder weniger ästhetische Merkwürdigkeit moderner Architektur interpretieren wird, ist er tatsächlich eine Anpassung an den flankierenden Verlauf der alten Allee. Die örtliche Häufung im östlichen Bahnhofsviertel ist hierbei kein Zufall, stellt es doch den am stärksten überbauten Abschnitt der ehemaligen Allee dar.
Wie weit die Einbindung der Maulbeerallee ins moderne Stadtbild genau gehen soll, scheint den Heidelberger Behörden allerdings selbst nicht in Gänze klar zu sein. Laut der auf Ende April dieses Jahres datierten Beschlussvorlage zur Causa Autz + Herrmann „sei es ein erklärtes Ziel der Stadtplanung, die Allee durch eine neue Baumpflanzung in gleicher Lage als Landschafts- und Stadtbild prägendes Element neu interpretiert und sichtbar“ zu machen.
Doch ganz so sicher scheint dieser Stand der Dinge selbst intern nicht zu sein. So kommentiert die Pressestelle obige „erklärten Ziele der Heidelberger Stadtplanung“ wie folgt: „Die Stadt Heidelberg greift die Maulbeerallee bei Neubauprojekten als stadtgestalterisches Element auf: Das bedeutet, dass bei städtischen oder privaten Bauvorhaben die Maulbeerallee als Sichtachse freigehalten wird. Eine aktive Wiederherstellung der Allee als Wegeachse, mit oder ohne Maulbeerbäume, ist nicht geplant.“
Von Jakob Bauer