Dass nicht einmal die Hälfte der Studierenden in der vorgesehenen Dauer ihr Studium absolvieren, führt den Begriff „Regelstudienzeit“ ad absurdum. Insbesondere das Wissenschaftsministerium erkannte zwar Handlungsbedarf und versuchte durch neue Programme das Studium individueller zu machen und so dem Trend entgegenzuwirken. Sie wirken jedoch nur punktuell und sind nicht mit dem BAföG-Satz kombinierbar.
Generell fällt auf, dass die Politik bei der Suche nach Ursachen scheinbar nur die studentische Seite in den Blick nimmt und die strukturelle Ebene außer Acht lässt. Dabei erlangten 2014 durchschnittlich 87 Prozent der Bachelorabsolventen nach acht Semestern ihren Abschluss – hier ließe sich von einer Regel sprechen. Der Schluss aus der Diskrepanz zu 40 Prozent nach sechs Semestern kann nicht der sein, dass die Mehrzahl der Studierenden eine „Regelstudienzeit“ verfehlt hat – ein Widerspruch in sich. Vielmehr verweist sie darauf, dass die Regelstudienzeit von sechs Semestern eine verfehlte Vorgabe ist, die es auch im Sinne der Chancengleichheit in der Bildung zu korrigieren gilt. Denn die derzeitige Kopplung der Regelstudienzeit an die BAföG-Zahlungen führt dazu, dass der Universitätszugang für potenziell BAföG-abhängige Studieninteressierte erschwert wird.
Von Tim Schinschick