Bei den Stura-Wahlen treten neben „klassischen“, parteinahen politischen Hochschulgruppen auch Fachschaftslisten an. Die Fachschaften selbst sind jedoch bereits automatisch im Stura vertreten. Sollten also nur etablierte politische Hochschulgruppen zur Wahl antreten?
Von Felix Klimitz und Luca Zinser
Bei Etablierung der Verfassten Studierendenschaft 2013 hat sich die Mehrheit der Studierenden in einer Urabstimmung für ein Nebeneinander von politischen Hochschulgruppen und Vertretern der Fachschaften im StuRa ausgesprochen. Zu Recht, wie wir finden: Denn im Stura werden Themen besprochen und Entscheidungen getroffen, die die Fachschaften und deren Studierende direkt betreffen. So werden die Fachschaftssatzungen verabschiedet und es wird im Haushaltsplan festgelegt, welches Budget den einzelnen Fachschaften für Aktionen wie die Ersti-Woche zur Verfügung steht. Darüber sollten Fachschaftsvertreter mitbestimmen können, denn nur sie wissen, welche Mittel sie für ihre Projekte brauchen!
Darüber hinaus kann von Fachschaftsvertretern die projektbezogene Arbeit an Problemen, die viele Studierende betreffen, wie Anwesenheitspflichten im Studium, unabhängig von politischen Lagern und Ideologien realisiert werden. So ist zum Beispiel auch die Gründung projektbezogener oder satirischer Listen möglich. Unter Umständen werden gerade kleine Fachschaften wie Japanologie oder Molekulare Biotechnologie nicht angemessen vertreten, wenn es nur politische Hochschulgruppen gibt. Listen der Fachschaften können viel glaubwürdiger vermitteln, warum der StuRa für Studierende wichtig ist. Sie mobilisieren so Studierende und erhöhen die Wahlbeteiligung. Davon profitiert die Verfasste Studierendenschaft insgesamt und auch die politischen Hochschulgruppen.
Manche Studierende besitzen weder genügend Rückhalt in ihrer Fachschaft, noch möchten sie sich in einer politischen Hochschulgruppe engagieren. Dennoch müssen auch sie die Chance haben im Stura vertreten zu sein. Dies ist mit der Kandidatur für unabhängige Listen möglich. So sind die Fachschaftsinitiative Jura, die Fakultätsliste Biowissenschaften oder die Liste der Medizinstudierenden Heidelberg ähnlich wie politische Listen fächerübergreifend von allen Studierenden wählbar. Sie stehen allerdings nicht unter dem Einfluss einer Partei und können unabhängig die Interessen vieler Studierender vertreten.
Listen der Fachschaften können viel glaubwürdiger vermitteln, warum der StuRa für Studierende wichtig ist
Ebenso ist durch Listen wie Bergheim Calling der Zusammenschluss von Studierenden möglich, die weder aus einem Fach kommen, noch einer gemeinsamen politischen Partei nahestehen, sondern gemeinsam an einem Campus studieren und daher Vertreter für ihre Interessen in die Gremien der Uni wählen wollen.
Politische Hochschulgruppen haben immer auch die Interessen ihrer Parteien im Blick. Das kann zu Interessenkonflikten führen, wenn es zum Beispiel vor Landtagswahlen vor allem darum geht, Studierende als Wähler für die Mutterparteien zu gewinnen und nicht mehr hochschulpolitische Themen im Vordergrund stehen.
Die Kombination aus politischen Listen, die fächerübergreifende Programme für die gesamte Universität bieten und Fachschaftsvertretern, die die Partikularinteressen ihrer Studierenden verfolgen, ist eine Bereicherung für den Stura.
Vor allem aber sollten wir nicht vergessen, dass die Gremienwahlen freie Personen-Wahlen sind. Jeder Studierende kann selbst entscheiden, welche Kandidaten er überzeugend findet, egal ob sie für eine Fachschaft oder eine politische Hochschulgruppe kandidieren. Diese Freiheit sollten wir unseren Wählern nicht nehmen. Deshalb sollte das Nebeneinander von politischen Hochschulgruppen und Vertretern nicht-politischer Listen erhalten bleiben.
Aus Gründen der sprachlichen Einfachheit haben wir auf konsequentes Gendern verzichtet. Sämtliche personenbezogenen Begriffe beziehen sich aber ausdrücklich auf weibliche, männliche, genderfluide, transgender, intergender, genderqueer, agender, neutrois, bigender und androgyne Studierende.