Das Metropolink-Festival zeigt auch in entfernten Stadtteilen Heidelbergs kreative Hausbemalungen
Pascal Baumgärtner besteigt den Cabrio-Bus und bestreitet nicht, dass er etwas aufgeregt ist, auf seiner ersten Urban Romantic Tour, die das Metropolink-Festival zusammen mit Heidelberg Marketing anbietet. In den kommenden zwei Stunden möchte er seinen Mitfahrern verschiedene Projekte des diesjährigen Festivals zeigen.
Das Festival findet bereits zum zweiten Mal in Heidelberg statt. Dabei werden zusammen mit internationalen Künstlern verschiedene Fassaden, die „Murals“ in Heidelberg gestaltet. Die meisten Künstler haben im Bereich Street-Art einen Namen. Den Veranstaltern ist es wichtig, auf die öffentliche Raumgestaltung und deren Möglichkeiten aufmerksam zu machen. Sie möchten eine „öffentliche Galerie“ schaffen.
Beim Start der Tour Richtung Neuenheim erzählt Kurator Pascal Baumgärtner eine kurze Anekdote über die Entstehung seines Projekts. Mit seiner „WOW-Galerie“ beschäftigt er sich schon lange mit der Verbindung von Street-Art und Raumnutzung. Während einer Vernissage sprach er dort mit Oberbürgermeister Eckart Würzner über eine Umgestaltung von freien Flächen in Heidelberg. Würzner ist deshalb schon das zweite Jahr Schirmherr des Festivals und versucht, die bürokratischen Angelegenheiten zwischen Stadt und Festival unkompliziert zu halten. Zunächst präsentiert er Werke des letzten Festivals. Der Bus fährt über die Theodor-Heuss-Brücke und wird von Daniel Thouws Bild auf grünem Grund begrüßt. Bereits 1993 gestaltete er verschiedene Freiflächen gegenüber dem Skatepark. Hierbei erwähnt Baumgärtner, wie vorausschauend die Stadt Heidelberg Freiflächen zur Verfügung stellt und verteilt. Deshalb sei das Problem der illegalen Graffitis ein kleines, allerdings sei Heidelberg bisher auch recht arm an „pieces“. Auch das folgende Werk direkt neben der WOW-Galerie stammt noch aus dem letzten Jahr. Die Rede ist vom ehemaligen Hotel Metropol, das heute von Flüchtlingen bewohnt wird und im letzten Jahr von Smash132 mit einer bunten Camouflage überzogen wurde.
Dann geht es weiter zur Bahnstadt. Hier bemalte der Künstler Tantan, Künstlername 1010, das ehemalige Bordell. Er gestaltete eine der Fassaden in nur drei Tagen mit einem der für ihn typischen dreidimensionalen Gebilde. Das Kunstwerk präsentiert sich als Tor zur Bahnstadt, bis das Haus der Umgestaltung weichen muss. Auch die sich dahinter befindenden Graffitis im alten Stil gehören bald der Vergangenheit an.
Langsam nimmt der Bus Fahrt in die entfernteren Stadtteile Heidelbergs auf. Eine Gruppe bemalter Murals befindet sich auf dem Gelände der Firma Rossmanith und der Spedition Fels, der Hauptsponsoren in Kirchheim. Hier befinden sich zum Teil sehr große und vor allem im Stil unterschiedlich gestaltete Fassaden. StoHead hat in Airbrush-Technik und mit Typographien gearbeitet, während SweetUno eine Backsteinfassade gestaltete. Pau daneben bemalte ihre Fassade grafisch mit dem Pinsel und Christian Krämer (Dome) sprayt seine letzten Gold-Partikel auf, während der Bus langsam an ihm vorbeigleitet.
Auch im Emmertsgrund präsentiert Baumgärtner zwei Fassaden. Eine davon in schwarz-weiß gehalten, die der Künstler ohne Skizzen gemalt hat. Nur einen Entwurf hatte er auf seinem Handy. Doch nicht alle sind begeistert von der Umgestaltung. „Jeden Tag müssen wir das Geschmiere ansehen“, brüllt einer der Nachbarn von seinem Balkon. So kommt Baumgärtner auf der Fahrt nach Rohrbach darauf zu sprechen, wie sein Job als Kurator aussieht. Hauptsächlich versuche er die Vorstellungen der Künstler und der Hauseigentümer zu vereinen, damit am Ende alle mit dem Ergebnis einig sind. Hierbei soll die Autonomie des Künstlers gewahrt werden, was oft ein schweres Unterfangen sei. In der Phillip-Otto-Runge-Straße ist es beispielsweise gelungen, Künstler und Hauseigentümer zusammenzuführen. Einer der Bewohner habe hier wohl im Vorgespräch geäußert, er hätte „gern a Rehle.“ Künstler Limow, bereits durch seine Arbeiten bei Coffee Nerd bekannt, fand die Idee so gut, dass nun ein Reh über die Straße wacht. Ein paar Häuser weiter befindet sich Herakuts Bild und in der Nähe des Römerkreises malen Robert Proch und Wesr.
Die Tour schließt er mit einem Graffiti auf einem der Häuser der Karpfengasse. Es ist von Quik aus dem Jahr 1989 und während Renovierungsarbeiten immer erhalten worden. Baumgärtner erzählt von seinen Ideen für die nächsten Jahre. Er ist begeistert, wie viele zentrale Wände sie dieses Jahr gewinnen konnten. „Ich kann mir auch vorstellen, im nächsten Jahr nur B-Wände zu machen, oder Lichtdesign. Sonst wirkt es am Ende zu überladen.“
Von Maren Kaps