Ein neues studentisches Projekt der Pädagogischen Hochschule bietet lokale Nachrichten in Leichter Sprache.
Die Inklusion schreitet mit großen Schritten auf der ganzen Welt voran. Auch aus Heidelberg gibt es jetzt erfreuliche Neuigkeiten: Am 11. Juli wurde an der Pädagogischen Hochschule feierlich das neue studentische Projekt „Einfach-Heidelberg“ präsentiert – das erste Heidelberger Online-Nachrichtenportal in Leichter Sprache.
Die Webseite ist das Produkt eines großen Teams an Redakteuren, welches sich innerhalb eines Seminars an der Hochschule etabliert hat. Sie bietet lokale Nachrichten für Menschen mit Lese- oder Lernschwierigkeiten an und verspricht, schwierige Dinge einfach zu erklären.
Das Konzept einer Leichten Sprache stammt bereits aus dem alten Rom. In den noch erhaltenen Texten rät der berühmte Philosoph, Anwalt und Politiker Marcus Tullius Cicero, beim Unterrichten auf aufgeblasene und bildhafte Formulierungen zugunsten der einfachen und verständlichen zu verzichten. Zu der eigentlichen Ausbildung der Leichten Sprache kam es jedoch erst im frühen 20. Jahrhundert. Damals stellten US-amerikanische Linguisten durch eine Studie fest, dass der durchschnittliche erwachsene Leser nur über eine begrenzte Lesefähigkeit verfügt.
Durch viele Gerichtsprozesse, die einige Unternehmer wegen „unverständlich formulierten Aussagen“ verloren haben, kam es langsam zur Einführung von leichten Sätzen in Verträgen und Nutzungsanweisungen. Es etablierte sich außerdem die Organisation „People First“, welche die Barrierefreiheit in allen Bereichen der Sprache forderte: von Verträgen und Gesetzen bis hin zu Zeitungen, Büchern und Parteiprogrammen. So wurde die Leichte Sprache von und für Menschen mit Behinderung geschaffen.
Seit den Siebzigerjahren hat sich vieles an diesem Konzept geändert. Die Leichte Sprache verfügt inzwischen über ein eigenes multikulturelles Auditorium, welches über Sprachbüros und Übersetzer mit anderen Sprachen in Kontakt kommt. Das Netzwerk erstreckt sich über mehrere Länder.
Leichte Sprache ist nun eine linguistische Welt für sich, welche über eigene Regeln und Gesetze verfügt, die sich von der „normalen Sprache“ deutlich unterscheiden. Das Grundprinzip ist einfach: Leichte Sprache will nicht schön sein – sie will verstanden werden. Die Texte, Audio- und Videoberichte entstehen in enger Zusammenarbeit zwischen meist ehrenamtlich engagierten Journalisten und qualifizierten Prüfern. Diese sind vor allem durch funktionale Analphabeten, Menschen mit Sehschwierigkeit oder geistiger Behinderung repräsentiert. So läuft es auch bei „Einfach-Heidelberg“. „Wir haben uns das Ziel gestellt, Informationen in Leichter Sprache barrierefrei für alle zugänglich zu machen“, berichtet die Projektleiterin Karin Terfloth.
Das Projekt ist ein Beispiel für gelungene Inklusion. Innerhalb von drei Monaten haben Studierende, Lehrende und Menschen mit Behinderung zusammen an mehreren Konzepten gearbeitet, um die Informationen verständlicher als zuvor anbieten zu können. Dabei versuchte das Team, nicht nur auf die Themen, für die sich die Leser interessieren, sondern auch auf die Hilfen, die sie beim Lesen brauchen, einzugehen.
Dies ist ihnen gelungen: Die Webseite bietet neben dem eigentlichen Inhalt auch unterschiedlichste Features, um die Texte noch verständlicher zu machen. Alle Artikel verfügen über Piktogramme und Bilder, die Schrift kann beliebig vergrößert werden, es gibt sogar eine Vorlesefunktion. Die Redaktion hat dabei komplett auf computerisierte Sprache verzichtet, um den Menschen das Gefühl eines echten Gesprächs zu verleihen.
Eine weitere Besonderheit ist auch das Konzept des Wörterbuchs. Nach einigen Debatten hat das Redaktionsteam beschlossen, fremde und schwierige Wörter nicht komplett aus den Texten zu streichen, sondern in einem speziellen Lexikon mit einfachen Wörtern zu erklären. Somit bietet die Plattform nicht nur Unterhaltung, sondern auch die Möglichkeit, die Sprache zu lernen.
„Wir dachten: Wir schreiben in Leichter Sprache – nichts leichter als das. Doch im Gegenteil: Wir hatten große Schwierigkeiten, in dieser Sprache zu schreiben“, erzählt Redakteurin Britta Best.
Und kein Wunder: Den Regeln zufolge müssen alle Sätze kurz sein und dürfen nicht mehr als eine Aussage enthalten. Dabei sollten der Konjunktiv und Fremdwörter vermieden werden, die Wortkombinationen durch Mediopunkte (Medio∙Punkte) getrennt sein und die Formatierung übersichtlich bleiben. Trotz alldem darf der Inhalt des Textes nicht verloren gehen.
So kann man ohne Probleme nachvollziehen, wieso die Übersetzer, nach ihren eigenen Aussagen, allein durch das Häkchen der Betroffenen glücklich werden. Dieses bedeutet, dass mindestens zwei Prüfer den Artikel verständlich fanden.
Trotz aller Schwierigkeiten ist es dem Team „Einfach-Heidelberg“ gelungen, das Projekt zum Laufen zu bringen. Neue Nachrichten zu den Themen Politik, Freizeit und Sport werden jede Woche erscheinen. Das Redaktionsteam ist offen für Vorschläge und lädt jeden, der mithelfen will, herzlich zu ihren Redaktionstreffen ein.
Von Elizaveta Bobkova