Das Writing Center unterstützt allen Studierenden beim Verfassen englischer Texte. Doch der Anglistik fehlt nun das Geld für die Fortführung. Gibt es eine zentrale Lösung?
Das Writing Resources Center (WRC) am Anglistischen Seminar ist von der Schließung bedroht. Seit 2012 bis März dieses Jahres bot es Studierenden aller Fakultäten kostenlose Beratung beim Verfassen von englischen Texten. Durch die Umverteilung der Qualitätssicherungsmittel (QSM) war die Anglistik gezwungen, das Angebot für ein halbes Jahr aus eigenen Mitteln weiterzufinanzieren. Diese sind nun erschöpft. Um die Schließung doch zu verhindern, sammelte die Fachschaft Anglistik an zahlreichen Instituten fast 2000 Unterschriften. Sie hoffen auf zentrale Gelder vom Rektorat.
„Es ist einfach kein Geld da“, erklärt Vera Nünning, die Geschäftsführerin des Anglistischen Seminars. Grund dafür sei vor allem die neue QSM-Regelung. Durch die Überführung der QSM in die Grundfinanzierung der Universität muss diese das Geld nicht mehr zwangsläufig für Studium und Lehre ausgeben. Die Folge sind Kürzungen in den Fächern. Diese treffen vor allem Geisteswissenschaften wie die Anglistik, da sie weniger Drittmittel zur Verfügung haben, um den Verlust auszugleichen. Dementsprechend war schon im letzten Wintersemester unklar, ob das WRC weiter finanziert werden könnte.
„Wir haben uns dann entschieden, es noch ein halbes Jahr weiterzuführen, mehr ging nicht“, erklärt Nünning. Daraufhin wurde das Angebot auf Studierende der Anglistik beschränkt. Dabei ist das WRC für viele eine große Hilfe beim Verfassen von englischen Texten. „Für uns und auch für Studierende von anderen Fakultäten ist es eine wichtige Stütze, gerade bei Bewerbungen für Studienplätze im Ausland“, sagt Stefan Jansen von der Fachschaft Anglistik. Nachdem diese vor zwei Wochen von der bevorstehenden Schließung des WRC erfahren hatte, entschloss sie sich, Unterschriften für einen zentrale Finanzierung des Writing Center zu sammeln.
Doch eine zentrale Lösung scheint im Moment nicht in Sicht zu sein. Bei seinem ersten Besuch im Studierendenrat seit dessen Gründung merkte Rektor Bernhard Eitel an, dass er durchaus den Bedarf für ein Writing Center an der Universität sehe. Sollte ein solches Angebot allerdings aus zentralen Mitteln finanziert werden, müsse es auch in der Universität verankert werden und nicht nur in einem Institut. Wenn es hingegen in der Anglistik angesiedelt bleiben solle, müsse dies das Institut selbst bezahlen. Wie genau eine solche Finanzierung aussehen könnte und welche Fächer sich daran eventuell auch mitbeteiligen würden, war zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe jedoch noch unklar. Man sei aber mit allen Beteiligten im Gespräch über eine mögliche zentrale Lösung.
Seit sieben Jahren gibt es das Writing Resources Center am Anglistischen Seminar. Gegründet hat es Sherry Föhr in Anlehnung an Beratungsangebote amerikanischer und englischer Universitäten wie Harvard, Yale oder Oxford. Die Idee dahinter ist individuelle Unterstützung beim Verfassen englischer Texten zu ermöglichen, um die sprachlichen Kompetenzen der Studierenden zu erweitern. „Das Writing Resources Center, oder Writing Center, ist eine Einrichtung, zu der man kommen kann, um individuelle Hilfe mit dem Schreiben englischer Texte zu bekommen“ erklärt Föhr.
Es ist wichtig, dass das WRC weiterläuft, weil der Bedarf so hoch ist
An amerikanischen Unis sind solche Einrichtungen so organisiert, dass studentische Hilfskräfte anderen Studierenden Rückmeldung zu ihren Arbeiten geben. „Das ist in englischer Sprache natürlich problematisch. Denn obwohl einige fortgeschrittene Studierende sehr gut Englisch sprechen, sind sie sich trotzdem noch unsicher mit den Kleinigkeiten. Solche Kleinigkeiten kann ich als Native-Speaker erkennen und verbessern“, erläutert Föhr, die schon als Schreibtutorin und Assistenzlektorin arbeitete, bevor sie an die Universität Heidelberg kam. Am Anglistischen Seminar in Heidelberg gründete sie das Writing Center. „Ich habe das WRC konzipiert, aufgebaut und die ganze Zeit über geführt“, erklärt die Amerikanerin.
Bis März diesen Jahres konnten alle Studierende der Uni Heidelberg die Beratung im Writing Center unkompliziert in Anspruch nehmen. Etwa 55 Prozent davon waren Anglisten, der Rest stammte aus diversen anderen Fächern wie Biologie, Politikwissenschaft oder Transcultural Studies. „Jeder Studierende konnte sich online anmelden und mich damit für 20 Minuten quasi buchen“, erklärt Föhr. „Sie kommen dann mit Fragen zu Texten und wir nutzen diese 20 Minuten, um das zu besprechen, was die Studierenden besprechen wollen.“ Die Hilfestellung ist vielfältig und reicht über die Frage der Herangehensweise an eine Arbeit, über die Formulierung von Thesen und sinnvollen Argumentationsketten, bis zur korrekten wissenschaftlichen Zitation von Quellen und der Korrektur von sich wiederholenden Grammatikfehlern.
Prinzipiell können Studierende mit jedem englischen Text zum WRC kommen, Hausarbeiten und Bewerbungsunterlagen seien aber die beiden Texttypen, die am häufigsten wären, erläutert Föhr. Doch nicht nur Studierende, sondern auch Doktoranden und Nachwuchswissenschaftler nutzten das Writing Center, um sich Rückmeldung zu englischen wissenschaftlichen Artikeln zu holen, die sie in Fachzeitschriften veröffentlichen wollen. Die individuelle Einzelbetreuung steht bei im Vordergrund.
Diese Betreuung haben seit der Gründung etwa 7300 Studierende in Anspruch genommen. Viele kommen gerade in den Semesterferien täglich, um sich Rückmeldung für ihre Hausarbeit zu holen. „Bis März war ich immer ausgebucht“ , sagt Sherry Föhr. „Ich finde es wichtig, dass das Writing Center weiterläuft, weil der Bedarf einfach so hoch ist.“ Doch trotz des hohen Bedarfs auch unter Studierenden anderer Fakultäten hat sich in den letzten Monaten keine neue Finanzierungslösung ergeben.
Stefan Jansen von der Fachschaft Anglistik würde wie viele andere Studierende das Writing Center an der Uni vermissen: „Wir finden, dass das WRC etwas ist, das es an einer international ausgerichteten und auch Exzellenzuni auf jeden Fall geben sollte.“
Auch die Gründerin Sherry Föhr ist der Meinung, dass das Writing Resources Center an die Universität gehört: „Gerade solche Angebote gehören zu dem Erlebnis an einer Uni dazu.“
Von Esther Lehnhardt