Im Herbst geht in den USA die zwölfte Staffel von Supernatural an den Start. Wieder mit dabei: Monstergrusel, Humor, Blasphemie und eine gewaltige Portion Familiendrama.
[box type=“shadow“ ]11 Staffeln, FSK 16/18
Die Handlung
Ein Dämon tötete Sam und Dean Winchesters Mutter (Samantha Smith), als sie noch sehr klein waren. Ihr Vater John (Jeffrey Dean Morgan) schwor sich, ihren Tod zu rächen. Mit seinen Söhnen reiste er von Ort zu Ort, immer auf der Suche nach dem Wesen, das seine geliebte Frau von ihm genommen hatte. Sam (Jared Padalecki) und Dean (Jensen Ackles) wuchsen in schäbigen Motelzimmern auf. Ihr Vater bildete sie zu Monsterjägern aus. Ein normales Leben kennen sie nicht. Sam rebelliert gegen den autoritären Vater. Er verlässt die Familie, um in Stanford Jura zu studieren. Ein paar Monate später steht Dean vor seiner Tür. Ihr Vater ist verschwunden. [/box]
Unterwegs mit Supernatural
Dies ist der Ausgangspunkt der ersten Staffel. Inspiriert wurde Eric Kripke, der Erfinder der Serie, von Jack Kerouacs Beatroman „Unterwegs“. Dort ziehen die Hauptfiguren Sal und Dean auf mehreren Roadtrips ziellos durchs Land, trinken zu viel Alkohol und lassen Frauen sitzen. Darin sind sich die beiden Geschichten ähnlich. Dazu kommen klassische Horrorfilm-Motive: verlassene psychiatrische Anstalten, rachsüchtige Geister, gruselige Kinder, Clowns und Insektenepidemien sind alle vertreten. Aufgenommen sind die Geschichten in einer kontrastreichen Optik, die das Geschehen extra düster wirken lässt. Ansonsten setzt die Serie eher auf Brutalität, als auf Nervenkitzel. Die elf Staffeln, die bereits in Deutschland erschienen sind, haben alle die Altersfreigabe FSK 16, mit der Ausnahme von Staffel 3, die sogar die Freigabe FSK 18 erhielt.
Ein gewisses Alter sollte man auch erreicht haben, um die vielen Anspielungen auf Filme, Popkultur und Rockmusik zu verstehen. Dass sich Supernatural selbst nicht ganz ernst nimmt, beweist eine Folge, die im Original den Titel „Staffel 7, Zeit für eine Hochzeit“ trägt. In anderen Folgen werden Western-Filme, Krankenhausdramen, Akte X, Paris Hilton (die sich selbst spielt) oder gar das eigene Fandom parodiert. So führen Schülerinnen in der 200. Folge ein Supernatural-Musical auf. In der Einstiegsnummer geht es um die oben beschriebene Vorgeschichte der Winchesters:
Nicht nur in der Musical-Folge gibt es tolle Musik. Klassischer Hardrock der Siebziger und Achtziger sorgt für Flair. „Carry On Wayward Son“ von Kansas ist zu Fanhymne geworden. Seine Vorliebe für AC/DC, Metallica und Co. hat Dean von seinem Vater übernommen. Aber nicht nur das: er trägt seine Lederjacke, fährt sein Auto. Jahrelang befolgte er ohne Murren die Befehle seines Vaters, das ändert sich jedoch mit der Zeit. Er sieht ein, dass sein neunmalkluger Bruder recht hat: John war kein guter Vater. Die beiden Brüder werden nicht nur älter, sondern auch reifer.
Den Darstellern Jensen Ackles und Jared Padalecki gelang es den Hauptfiguren Tiefe zu verleihen. Ab der vierten Staffel werden sie von Misha Collins unterstützt, der die Rolle des rebellischen Engels Castiel übernimmt und sich zum Fanliebling gemausert hat. Cas(s) soll die Winchesters für den Kreuzzug gegen die Dämonin Lilith rekrutieren. Lilith will die Apokalypse heraufbeschwören. Ab Staffel 4 sind viele der erzählten Geschichten der Bibel entlehnt: zuerst die Offenbarung des Johannes, Erzengel, Kain und Abel, und die Zeit vor der Schöpfung. Ab einem gewissen Punkt wird es leicht absurd. In den späteren Staffeln nimmt die Originalität und Plausibilität – natürlich – ein wenig ab. Besonders Staffel 9 und 10 haben wenig Neues zu bieten. Widererwarten beginnt die elfte Staffel spannend und hält noch einige Überraschungen bereit.
Den Antagonisten der Serie fehlt es manchmal ein wenig an Biss. Eine Ausnahme bildet der charismatische Crowley (Mark Sheppard), seines Zeichens König der Hölle. Ihn verbindet eine Hassliebe zu Dean, der mal Feind, mal Verbündeter ist. Auch Metatron (Curtis Armstrong), selbst ernannter Gott, überzeugt durch ein ekelerregendes Spiel.
Vor allem auf der guten Seite gibt es viele liebenswerte Charaktere, die die Winchesters auf ihrem Weg begleiten. Da wäre der grimmige Mechaniker Bobby (Jim Beaver), der für Sam und Dean eine Vaterfigur wird; die Jägerinnen Ellen (Samatha Ferris) und Jo (Alona Tal), Erzengel Gabriel (Richard Speight Jr.), Prophet Kevin (Osric Chau) und die lesbische Hackerin und LARPerin Charlie (Felicia Day).
Eine große Familie
Das lange Bestehen möglich gemacht haben vor allem die treuen Fans. Sie unterstützen die Serie, trauen sich jedoch auch Kritik auszusprechen. So gefällt vielen die hohe Sterblichkeitsrate der weiblichen Figuren nicht. Auch fehlt es an Diversität: die meisten Figuren sind weiß, männlich, heterosexuell. In der letzten Staffel hat sich in dieser Hinsicht ein wenig geändert, wenn auch nicht sehr viel. Eine Möglichkeit um dies zu ändern, wäre der Beziehung von Dean und Castiel (offiziell) ein romantisches Element zu verleihen. Ein Großteil der Fans würde dies befürworten. Ein bisexueller Dean hätte auch sicher Jack Kerouac gefallen. Der Dean aus „Unterwegs“ ist nämlich eine fiktionalisierte Version von Kerouacs Freund Neil Cassidy, der wie Dean ein Womanizer war, aber gleichzeitig eine On-Off-Beziehung mit dem Dichter Alan Ginsberg führte.
Überlegungen wie diese können amerikanische Fans mit den Darstellenden auf den alljährlichen Conventions besprechen. Bei den Fotoshootings gehen die Stars mit ihren Fans gerne mal auf Tuchfühlung. Man kennt sich. Fans, Cast und Crew bezeichnen sich gar als eine Familie. Gemeinsam unterstützen sie soziale Projekte, etwa durch Misha Collins‘ Schnitzeljagd „Gishwes“ (siehe Tweet) oder die Kampagne „Always Keep Fighting“, dessen Erlöse an Organisationen gehen, die sich um Menschen mit Depressionen und Selbstmordgedanken kümmern.
You have less than 45 minutes left to register for #GISHWHES! Go to https://t.co/oZN0Kk5Qky now! pic.twitter.com/WGxzz9Vcp6
— GISH (@GISH) July 26, 2016
Supernatural ist für jeden zu empfehlen, der Action, Mystery und großes Drama liebt. Ein wenig Zeit sollte man mitbringen, denn jede der elf Staffeln hat jeweils um die 20 Folgen. Die Serie ist auch auf Deutsch bei den großen Streaming-Diensten sowie als DVD verfügbar. Die flotten Sprüche machen sich aber im Original deutlich besser.
Hier ein kleiner Einblick in die erste Staffel:
von Hannah Lena Puschnig