Das Zweckentfremdungsgesetz gilt bereits in Berlin und Freiburg – ab nächstem Jahr auch in Heidelberg. Durch die Regelung dürfen Wohnungen nicht ausschließlich an Feriengäste vermietet werden. Ist es sinnvoll, Zweckentfremdung gesetzlich zu verbieten?
Heidelberg lebt von seiner Universität, den Hochschulen und Bildungseinrichtungen mit ihren vielen Tausend Studierenden. Wohnraum ist knapp und teuer, was besonders für Studierende oft ein großes Problem darstellt. Es wurde über Jahrzehnte versäumt, für ausreichend günstigen Wohnraum zu sorgen.
Es kann allerdings nicht sein, dass dieses Unvermögen jetzt von privaten Immobilienbesitzern ausgebadet werden soll, obwohl gerade diese Wohnraum geschaffen haben. Es ist weder fair noch zielführend, dass Haus- und Wohnungseigentümer massiv in der freien Entscheidung zur Nutzung ihrer Immobilie eingeschränkt werden sollen. Daher lehne ich die Satzung zur Zweckentfremdung entschieden ab.
Mit der geplanten Satzung darf Wohnraum nicht mehr ohne weiteres zu gewerblichen Zwecken genutzt werden. Dies ist, wenn überhaupt, nur noch mit hohen Ausgleichszahlungen möglich. Damit werden Existenzgründungen für Jungunternehmer, die nach dem Studium den Sprung in die Selbständigkeit wagen, deutlich erschwert. Selbst wenn ihnen die Wohnung gehört, dürfen sie diese nicht als Büro nutzen oder eine Praxis einrichten.
Außerdem darf Wohnraum nicht länger als sechs Monate leer stehen. Die meisten Menschen haben aber gute Gründe, diesen nicht langfristig zu vermieten. Vielleicht haben sie schlechte Erfahrungen gemacht oder sind zu alt. Oder sie möchten die Wohnung für Besuche von Verwandten oder Kindern, die auswärts studieren, freihalten. Egal aus welchem Grund – die Satzung zwingt zur Vermietung. Ansonsten droht dem Wohnungsbesitzer eine Geldstrafe von bis zu 50 000 Euro.
Insbesondere zielt die Satzung auf die Verhinderung der Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnungen ab. Dies ist nicht nur für die Wohnungseigentümer und die Feriengäste, sondern auch für unsere Stadt nachteilig. Ferienwohnungen werden oft von Familien mit Kindern und kleinen Reisegruppen gemietet, für die Hotels ungeeignet sind. Diese werden Unterkünfte in der Umgebung Heidelbergs aufsuchen müssen, was zu einer Schwächung der Wirtschaftskraft führt und zu einer Steigerung des Verkehrsaufkommens, wenn die Gäste nach Heidelberg pendeln.
Besonders belastend ist die Situation für Patienten und deren Angehörige, die aus medizinischen Gründen einen längeren Aufenthalt in Heidelberg benötigen. Unsere Stadt ist auf Touristen angewiesen, da diese direkt und indirekt zur Finanzierung beitragen und Arbeitsplätze sichern. Sie tragen außerdem zum Fortbestand der Gastronomie oder der örtlichen Nahversorgung bei.
Eine Zweckentfremdungssatzung stellt auch ein riesiges Verwaltungsmonster dar und ist mit hohen Kosten verbunden. Verstöße gegen die Satzung können durch die Nachbarn angezeigt werden. Alle Anzeigen, berechtigt oder nicht, müssen durch städtische Kontrolleure und Angestellte bearbeitet werden – ein teurer Verwaltungsaufwand, der die Bürokratie weiter aufbläht. Damit die Kontrolleure die Wohnungen auch überprüfen können, wird das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt, und die Wohnungsbesitzer werden gezwungen, Informationen bereitzustellen und den Kontrolleuren Zutritt zu gewähren.
Die bisherigen Erfahrungen mit Zweckentfremdungsverboten in anderen Städten haben gezeigt, dass das ursprüngliche Ziel, mehr Wohnraum zu schaffen und die Mietpreise zu senken, nicht erreicht wird. Der Einfluss auf den Wohnungsmarkt ist marginal und rechtfertigt in keiner Weise die enormen Kosten und die Einschränkung von Grundrechten.
Gerade in einer Universitätsstadt wie Heidelberg ist bezahlbarer Wohnraum für Studierende von zentraler Bedeutung. Der einzige Weg diesen zu schaffen, ist der Bau von bezahlbaren Wohnheimen und nicht eine kontraproduktive und teure Bevormundung von Wohnungsbesitzern.
Nicole Marmé ist Professorin an der PH Heidelberg und für die CDU im Stadtrat