Geflüchtete finden in zahlreichen Stadtteilen Heidelbergs ein neues Zuhause: Wo sie jetzt wohnen und in Zukunft wohnen werden
Vor dem vergitterten Eingang des Patrick Henry Villages (PHV) stehen nicht schlangenweise Menschen, wie vergangene Schlagzeilen vermuten lassen. Im Gegenteil: Nur drei junge Afrikaner lehnen entspannt an einer der stählernen Verzäunungen, gleich neben Sicherheitsleuten in knalligen Westen. Beim Gang über das alte Gelände der amerikanischen Kaserne deutet Patrick Orf, Ehrenamtskoordinator der Diakonie Heidelberg, auf verschiedene Gebäude. „Hier wohnen zurzeit pro Wohnung um die sechs Leute, vor einem knappen Jahr waren es mehr.“ Einige Jugendliche trippeln einen Basketball vorbei und ein Paar schaut ihrer kleinen Tochter nach, die lachend vorausläuft; die Stimmung ist fast schon beschaulich.
Im letzten Winter sah es hier anders aus. Zu dieser Zeit fasste das PHV um die 6000 Geflüchtete; im Moment ist die Zahl auf weniger als 2000 Bewohner zurückgegangen. „Mit den alten Unterkünften, die inzwischen abgebaut wurden, war es wirklich schwierig. Im Dezember hatten wir hier zum Beispiel Außenduschen und Außentoiletten, auch unbeheizt. Aber mittlerweile sind die neuen Unterkünfte ausreichend komfortabel für zwölf Wochen.“ Bei der Ankunft scheint die Situation also entspannt. „Trotzdem haben wir die ruhige Zeit genutzt, um die Unterkünfte so auszubauen, dass jederzeit wieder 6000 Personen adäquat untergebracht werden können“, so Orf.
Wie sieht es aber mit der Unterbringung innerhalb Heidelbergs aus? Im Rahmen der kommunalen Aufnahmeverpflichtung wurden der Stadt 530 Geflüchtete zugewiesen, die dann „zunächst für die Dauer von zwei Jahren oder bis zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis in Gemeinschaftsunterkünften untergebracht werden“, erklärt Thomas Wellenreuther, Flüchtlingsbeauftragter der Stadt Heidelberg.
Von der weiteren Zuweisung von Geflüchteten ist Heidelberg aufgrund des Registrierungszentrums im PHV befreit. Die Standorte der Gemeinschaftsunterkünfte sind dezentral angelegt, wie es bewährterweise in den meisten deutschen Kommunen gehandhabt wird. Das heißt, dass pro Unterkunft maximal 150 Personen betreut werden, um „eine gelingende Integration“ in die Stadtteile zu ermöglichen, so die Stadt Heidelberg.
Auf der rechtlichen Seite wurde das „Flüchtlingsaufnahmegesetz“ (FlüAG) angepasst, wonach die Kommunen bis zum 1. Januar 2018 die Wohn- und Schlafflächen von 4,5 auf 7 Quadratmeter erhöhen müssen. Die Stadt Heidelberg wird rund ein Drittel weniger Menschen als bisher bei gleicher Unterkunftsgröße unterbringen können.
Mit dieser Tatsache im Hinterkopf baut sie bestehende und geplante Standorte aus, obwohl die Geflüchtetenzahl zurückgegangen ist. Schon letzten Dezember hat sich der Gemeinderat auf ein Konzept geeinigt, das die schrittweise Entwicklung von insgesamt 14 neuen Unterkünften verwirklichen soll. Die leer stehenden Kasernenflächen will die Stadt ungern nutzen, da sie eine „Ghettobildung“ befürchtet. Wohneinheiten bestehen aus zwei bis vier Zimmern, Küche und Bad. Thomas Wellenreuther betont dabei, dass „in der Regel jeder untergebrachten Person mehr Wohnfläche als gesetzlich vorgegeben zur Verfügung steht.“
„In Heidelberg läuft das alles schneller, besser und schöner“
Georg Stein vom Palmyra Verlag unterstützt seit knapp einem Jahr Geflüchtete bei der Wohnungssuche, denn „die Anschlussunterkünfte sind weitestgehend okay und human ausgestattet. Aber natürlich sind oft mehrere Menschen in kleinsten Wohneinheiten untergebracht, weswegen es für alle, die wir kennengelernt haben, das Größte und Wichtigste ist, endlich eine eigene, kleine Wohnung zu haben.“ Hier stellen sich seiner Erfahrung nach Hindernisse ganz anderer Art in den Weg.
Zuletzt betreute er einen jungen Syrer, der aus einer abgelegenen Gemeinde für sein Studium nach Heidelberg ziehen wollte. Die Suche auf dem privaten Wohnungsmarkt stellte sich als problematisch heraus: „Da war immer eine eindeutige, direkte Ablehnung. Es hat die Vermieter nicht interessiert, dass sie ihr Geld vom Jobcenter bekommen, weil sie dachten: Das klappt sowieso nicht!“ Nur eines der angefragten Maklerbüros war bereit, die Wohnung an einen Geflüchteten zu vermieten. Unter der Bedingung, dass die offizielle Vermietung über die Steins laufen würde. Diese Lösung ändert aber nichts an dem generellem Problem, dass Wohnungen selten an Geflüchtete vermietet werden. Zusätzlich erschwerend ist das umstrittene Gesetz zur Wohnsitzauflage, das seit Juni gilt. Demzufolge wird Geflüchteten nur unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt, ihre jetzigen Aufenthaltsorte zu verlassen.
Als schwierig sieht Georg Stein auch die mangelnde Flexibilität der Behörden, wie der Fall von zwei syrischen Brüdern zeigt: „Nach monatelanger Suche hatten sie endlich eine Wohnung gefunden, die preislich gestimmt hätte. Diese war dem Jobcenter dann aber ein paar Quadratmeter zu klein. Das muss man sich vorstellen!“ Immerhin hat es bei dem jungen Syrer funktioniert, der jetzt ein Studium an der Universität beginnt: „Er hat gleich Kontakte geknüpft. Das läuft in Heidelberg natürlich alles schneller, besser und schöner, als in der tiefsten Provinz.“
Von Monika Witzenberger