Das Thema Sicherheitspolitik wird in Seminaren und Vorlesungen an der Uni oft vernachlässigt. In Heidelberg bieten deshalb zwei studentische Hochschulgruppen Veranstaltungen zu sicherheitspolitischen Themen an. Leonie Arzberger vom Forum für internationale Sicherheit (FiS) und Anne-Kathrin Herlitze von der Außen- und Sicherheitspolitischen Hochschulgruppe (ASH) studieren beide Politikwissenschaft. Im Gespräch erzählen sie vom weiten Feld der Sicherheitspolitik.
Worin besteht die Arbeit eurer Gruppen?
Leonie Arzberger: Beide Gruppen organisieren Veranstaltungen zu den Themen der Außen- und Sicherheitspolitik, sei es Vorträge, Diskussionsabende, Exkursionen oder mehrtägige Seminare. Wir möchten das Thema akademisch beleuchten und die Auseinandersetzung damit fördern.
Wie oft trefft ihr euch?
Arzberger: Das variiert bei unseren beiden Gruppen. Das FiS trifft sich immer Montagabend zu einem Planungstreffen. Bei diesen Treffen werden dann zum Beispiel die Organisation der Veranstaltungen oder die Gestaltung der nächsten Ausstellung besprochen. Wir treffen uns aber auch einmal die Woche ganz informell zum Mittagsstammtisch.
Anne-Kathrin Herlitze: Bei der Außen- und Sicherheitspolitischen Hochschulgruppe Heidelberg gibt es alle zwei Wochen ein Treffen, bei dem wir zusammen planen und arbeiten. In der jeweils anderen Woche treffen wir uns gemütlich und informell zum Stammtisch.
Es sind auch viele Professoren unter den Mitgliedern des FiS. Habt ihr als Studierende trotzdem einen Einfluss auf das Programm und die Arbeit der Gruppe?
Arzberger: Ja, wir haben ein Kuratorium an Professoren. Das kann sich inhaltlich einbringen, tut es de facto aber nicht. Der große Vorteil für uns daran ist aber, dass wir namhafte Wissenschaftler haben, die wir als Referenz angeben können. Das hilft uns, wenn wir Referenten für unsere Veranstaltungen gewinnen wollen.
Die Außen- und Sicherheitspolitische Hochschulgruppe Heidelberg hat kein Kuratorium von Professoren. Habt ihr trotzdem Unterstützung im Hintergrund?
Herlitze: Dadurch, dass wir im Bundesverband Sicherheitspolitik an Hochschulen (BSH) sind, haben wir ein Netzwerk von 25 Hochschulgruppen. Über den Dachverband kann man Erfahrungen austauschen.
Auf der Internetseite des FiS heißt es, man könne durch das Engagement bei euch „auf Inhalt und Struktur des Studiums Einfluss nehmen“. Wie das?
Arzberger: Also wir können sicher nichts mehr an der Modulstruktur ändern, aber wir können Themen platzieren, die neu sind. Für mein Empfinden gibt es sehr wenige Veranstaltungen an der Uni zur Sicherheitspolitik und so füllen beide Hochschulgruppen eine Lücke, indem sie diese Themen zusätzlich für Studenten anbieten. Was wir nicht können und nicht wollen, ist den Lehrplan der Dozenten mitzubestimmen. Aber wir können einfach deutlich machen, dass die Studenten ein Interesse an dem Thema haben.
Herlitze: Wir wollen einen Mittler darstellen für die Studenten, um mit Expertinnen und Experten ins Gespräch zu kommen. Denn wir haben bemerkt, dass in Deutschland an den Hochschulen sehr wenig über Außen- und Sicherheitspolitik gelehrt, geredet und geforscht wird. Da, wo geforscht wird, ist es oft ein Altherrenthema. Deshalb erleben wir immer wieder, dass sich unsere Referenten sehr freuen, wenn sich Studierende für das Thema interessieren und begeistern.
Was sind die wichtigen Themen?
Arzberger: Es sind sehr viele Themen und das ist auch der gute Grund, warum es zwei Gruppen gibt. Sicherheitspolitik ist so ein riesiges Feld, das wir alleine gar nicht beackern könnten. Sicherheitspolitik umfasst zum Beispiel das Risiko von Pandemien und Cyberangriffen für Gesellschaften bis hin zu bewaffneten Konflikten.
Geht es euch dabei auch um politische Bildung?
Arzberger: In gewissem Sinne auf jeden Fall. Gerade aktuelle Themen werden selten in der Uni diskutiert und dann sind viele Studenten überfordert mit der Themenflut, die ihnen in der Tagesschau begegnet. Da wollen wir schon einen Beitrag zur politischen Bildung leisten, so dass sich Studenten bei Lust und Interesse mit diesen Themen auseinandersetzen können und sich in einem wissenschaftlichen und spannenden Diskurs unterhalten können.
Habt ihr eine politische Grundausrichtung?
Arzberger: Ganz klar nein. Wir haben den Anspruch an uns, neutral, unparteiisch und professionell zu sein, weil wir eher als Mittler fungieren. Wir wollen kein Ergebnis vorsetzen, wir wollen nur die Leute zusammenbringen. Auch unsere Mitglieder sind jeglicher politischer Couleur.
Herlitze: Das spiegelt sich auch bei unseren Referenten wider. Wissenschaftler kann man sehr gut auch mal für einen Einzelvortrag einladen, bei politischen Akteuren laden wir mit Counterpart ein. Denn die Idee hinter den Formaten ist auch, dass man alle Perspektiven öffnet und sich jeder am Ende eine persönliche Meinung bilden kann.
Wer sind eure Partner?
Herlitze: Inhaltliche Kooperationspartner haben wir immer nur in Abhängigkeit von den Veranstaltungen, dazu gehören in Heidelberg der Rotaract Club oder AEGEE. Den einzigen fest etablierten Kooperationspartner, den der Dachverband hat, ist der Reservistenverband, der treuhänderisch Mittel verwaltet, die wir aus dem Bundeshaushalt beantragen können.
Arzberger: Wir haben sehr viele Partner: Zum Beispiel das katholische Universitätszentrum, die Fachschaft Psychologie, Amnesty International, die Deutsche Atlantische Gesellschaft oder auch das Heidelberger Centre for American Studies.
Wie finanziert ihr euch?
Arzberger: Da das FiS keinem Dachverband angehört, müssen wir uns komplett selbst finanzieren. Auch wir haben Ausgaben, was uns manchmal an unsere Grenzen bringt. Unser Geld bekommen wir vor allem durch Preise für unser Engagement. Für den Heidelberger Dialog versuchen wir jedes Mal einen Förderer zu gewinnen, zum Beispiel schreiben wir Stiftungen an. Das ist natürlich auch eine Herausforderung, wenn man den Anspruch hat, überparteilich zu sein, da die meisten Stiftungen, die politische Bildung fördern, auch oft eine politische Richtung vertreten und somit nicht zu uns passen.
Hat eure Arbeit in der Hochschulgruppe einen Einfluss auf euer Studium?
Herlitze: Ja, man hat zum Beispiel für die Themenwahl bei Hausarbeiten oder Abschlussarbeiten einen thematisch tiefergehenden Zugang. Vor allem aktuelle Themen hat man mehr im Blick. Inhaltlich ist es ein Mehrgewinn für das Studium.
Arzberger: Das Tolle ist auch, dass man sich immer bei den älteren Semestern innerhalb der Gruppe Rat holen kann, sollte man zum Beispiel mal an der Forschungsfrage hängen. Das kann im Studium auch eine große Hilfe sein.
Das Gespräch führte Esther Lehnardt